Jedes Jahr am 31. Mai rückt der Weltnichtrauchertag die verheerenden Auswirkungen des Tabak- und Nikotinkonsums ins Bewusstsein. Die Kampagne der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für 2025 steht unter dem Motto „Die Maske fällt: Die Taktiken der Industrie für Tabak- und Nikotinprodukte aufdecken“ („Unmasking the Appeal: Exposing Industry Tactics on Tobacco and Nicotine Products“). Diesem Thema liegt die Erkenntnis zugrunde, dass die Attraktivität von Tabak, Nikotin und verwandten Produkten, insbesondere für junge Zielgruppen, eine der größten Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit darstellt. Die Industrie entwickelt ständig neue Wege, ihre schädlichen Produkte ansprechend zu gestalten, und bedient sich dabei raffinierter Methoden, die oft unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit bleiben.
Manipulative Taktiken der Tabak- und Nikotinindustrie
Die WHO und zahlreiche Gesundheitsexperten warnen eindringlich vor den skrupellosen Marketingstrategien der Tabak- und Nikotinindustrie, die darauf abzielen, eine neue Generation von Konsumenten zu ködern und bestehende Nutzer zu binden. Diese Taktiken sind vielfältig und zielen darauf ab, die Produkte als harmlos, attraktiv und sogar als Lifestyle-Element darzustellen.
Glamorisierte Marketingstrategien
Die Industrie setzt auf glamorisiertes Marketing mit eleganten Designs, attraktiven Farben und verführerischen Aromen, die strategisch eingesetzt werden, um eine jüngere Demografie anzusprechen, insbesondere über digitale Medienkanäle. Soziale Medien haben sich zu einem starken Marktplatz für den Verkauf von E‑Zigaretten entwickelt, wobei Influencer und Prominente eine entscheidende Rolle spielen, indem sie die Produkte schmackhaft machen und den Konsum als bereichernd für das soziale Leben darstellen. Eine Studie zeigte, dass Jugendliche, die E‑Zigarettenwerbung in sozialen Medien sahen, häufiger mit dem „Dampfen“ begannen.
Täuschende Produktdesigns
Ein weiterer besorgniserregender Trend sind täuschende Produktdesigns, die Zigaretten und Vapes wie Süßigkeiten, Bonbons oder sogar Cartoon-Charaktere aussehen lassen – Artikel, die Kinder und Jugendliche von Natur aus ansprechend finden. Viele Vapes wirken auf den ersten Blick wie bunte Stifte. Diese Designs tragen dazu bei, eine falsche Sicherheit zu vermitteln und die Produkte begehrenswert erscheinen zu lassen.
Aromen und Zusatzstoffe als Köder
Die Verwendung von Aromen und Zusatzstoffen ist eine zentrale Strategie der Industrie. Es gibt schätzungsweise über 16.000 einzelne Aromen, darunter Geschmacksrichtungen wie „Kaugummi“ oder „Bonbon“, die eindeutig auf Kinder und Jugendliche abzielen. Diese Zusätze sind darauf ausgelegt, die Schärfe des Tabaks zu überdecken und die Produkte milder zu machen, wodurch der Einstieg erleichtert und die Wahrscheinlichkeit der fortgesetzten Nutzung erhöht wird. Studien belegen, dass Aromen den Einstieg in den Konsum erleichtern und das Suchtpotenzial erhöhen können, indem sie ein tieferes Inhalieren ermöglichen und somit die Aufnahme toxischer Substanzen steigern. Raucher, die aromatisierte Produkte bevorzugen, haben zudem seltener den Willen, mit dem Konsum aufzuhören. Die WHO fordert daher dringend ein Verbot aller Aromen in Tabak- und Nikotinprodukten.
Vaping und E‑Zigaretten: Ein Gesundheitsrisiko für Jugendliche
Das sogenannte „Vaping“ oder „Dampfen“ hat in den letzten Jahren, insbesondere unter Jugendlichen, einen regelrechten Boom erlebt. E‑Zigaretten werden oft als harmlosere Alternative zur klassischen Zigarette wahrgenommen. Doch dieser Eindruck trügt erheblich: Vaping birgt erhebliche gesundheitliche Risiken, die gerade für Jugendliche besonders bedenklich sind.
Suchtpotenzial und Entwicklungsrisiken
Die meisten E‑Liquids enthalten Nikotin, das hochgradig süchtig macht und das Gehirn in der Entwicklung negativ beeinflussen kann. Besonders das noch in der Entwicklung befindliche Gehirn von Kindern und Jugendlichen ist gefährdet, da sich schnell eine starke Abhängigkeit entwickeln kann. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass Jugendliche, die vapen, ein höheres Risiko haben, später auch zu herkömmlichen Zigaretten oder anderen Suchtmitteln zu greifen. Diese Entwicklung könnte die jahrelangen Fortschritte bei der Reduzierung des Tabakrauchens zunichtemachen.
Unbekannte Langzeitfolgen und schädliche Substanzen
Neben der Suchtgefahr können E‑Zigaretten die Lunge schädigen, Entzündungen auslösen und Atemprobleme verursachen. Über die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen der in Vapes enthaltenen chemischen Zusatzstoffe, wie künstliche Aromastoffe, Glycerin und Propylenglykol, ist noch wenig bekannt, da E‑Zigaretten relativ neu sind. Dennoch werden beim Dampfen zum Teil dieselben schädlichen Stoffe inhaliert wie beim Tabakrauchen, wenn auch in geringerer Dosis. Schätzungsweise 37 Millionen Kinder im Alter von 13 bis 15 Jahren weltweit konsumieren Tabak, und in vielen Ländern ist die Rate des E‑Zigarettengebrauchs bei Jugendlichen höher als bei Erwachsenen.
Jugendschutz und der dringende Ruf nach strengerer Regulierung
Der gesetzliche Jugendschutz in vielen Ländern, wie in Österreich und Deutschland, verbietet den Verkauf und Konsum von Tabak- und Nikotinprodukten an Personen unter 18 Jahren. Dies gilt seit 2019 bundesweit in Österreich auch für E‑Zigaretten und andere „verwandte Erzeugnisse“, und die Steiermark unterstellt sogar Nikotinbeutel dem Jugendschutz. Trotz dieser Regelungen bestehen erhebliche Lücken beim Schutz von Kindern und Jugendlichen vor elektronischen Zigaretten, da beispielsweise nur wenige Länder alle Aromen verbieten oder umfassende Werbeverbote für E‑Zigaretten haben.
Forderungen nach umfassenden Maßnahmen
Die WHO und Gesundheitsexperten fordern strengere Regulierungen, um den Reiz dieser Produkte zu beseitigen und aktuelle sowie zukünftige Generationen vor Schaden zu bewahren. Dazu gehören:
- Ein vollständiges Verbot von Aromen und Zusatzstoffen, die die Produkte attraktiver machen.
- Komplette Verbote von Tabakwerbung, Promotion und Sponsoring, auch auf digitalen Plattformen.
- Die Regulierung des Produktdesigns und der Verpackungen, um sie weniger attraktiv zu gestalten, eventuell durch neutrale Verpackungen.
- Die Erhöhung der Tabaksteuern, um die Produkte weniger erschwinglich und zugänglich zu machen.
- Besserer Jugendschutz durch effektivere Kontrollen des Abgabe- und Konsumverbots für unter 18-Jährige.
Die Tabakindustrie versucht jedoch häufig, solche Maßnahmen zu verhindern, abzuschwächen oder ihr Inkrafttreten zu verzögern. So scheiterte beispielsweise in Deutschland ein gefordertes Verbot von Aromen in E‑Zigaretten am Widerstand einiger politischer Parteien, die argumentierten, dies würde Produkte unattraktiver machen, die beim Ausstieg aus der Nikotinsucht helfen könnten. Es ist jedoch entscheidend, dass Regulierungen für Tabak- und Nikotinprodukte gleichermaßen gelten, da sie beide stark süchtig machen und Verbote nur für E‑Zigaretten den Konsum von Tabakzigaretten sogar erhöhen könnten.
Fazit
Der Weltnichtrauchertag 2025 mit seinem Motto „Die Maske fällt: Die Taktiken der Industrie für Tabak- und Nikotinprodukte aufdecken“ beleuchtet eine kritische Herausforderung für die globale Gesundheit. Die Tabak- und Nikotinindustrie setzt ausgeklügelte Marketingstrategien, verlockende Produktdesigns und eine immense Vielfalt an Geschmacksrichtungen ein, um insbesondere junge Menschen in die Abhängigkeit zu locken. Vaping und E‑Zigaretten stellen dabei keineswegs eine harmlose Alternative dar, sondern bergen erhebliche Gesundheitsrisiken und fördern die Nikotinsucht bei Jugendlichen. Der dringende Bedarf an umfassenden und strengen Jugendschutzmaßnahmen, einschließlich eines Verbots von Aromen, Werbebeschränkungen und der Regulierung des Produktdesigns, ist unbestreitbar. Es ist die gemeinsame Aufgabe von Politik, Gesellschaft und jedem Einzelnen, diese manipulativen Taktiken zu erkennen und sich für eine gesündere, nikotinfreie Zukunft einzusetzen.