Die Erde beherbergt eine unfassbare Vielfalt an Lebensformen, von winzigen Mikroorganismen bis hin zu riesigen Walen. Diese biologische Vielfalt, oder Biodiversität, ist das Fundament unserer Ökosysteme und essenziell für das Überleben der Menschheit. Sie sichert unsere Nahrungsmittelversorgung, liefert Medizin und schützt uns vor Naturkatastrophen. Doch leider ist diese Vielfalt global stark bedroht. Am 22. Mai wird der Internationale Tag der biologischen Vielfalt gefeiert, um auf diesen kritischen Zustand aufmerksam zu machen und die Dringlichkeit des Artenschutzes zu betonen. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung dieses Tages, seine historische Entwicklung und zeigt auf, wie jeder Einzelne zum Schutz der biologischen Vielfalt beitragen kann.
Was ist biologische Vielfalt und warum ist sie so wichtig?
Der Begriff biologische Vielfalt, oft auch als Biodiversität bezeichnet, beschreibt die gesamte Fülle des Lebens auf der Erde. Er umfasst nicht nur die schiere Anzahl der Arten, sondern eine komplexere Struktur auf drei miteinander verbundenen Ebenen:
- Artenvielfalt: Dies ist die bekannteste Ebene und bezieht sich auf die Vielfalt der verschiedenen Pflanzen‑, Tier‑, Pilz- und Mikroorganismenarten in einer bestimmten Region oder auf der ganzen Welt. Jede Art spielt eine Rolle im Gefüge der Natur.
- Genetische Vielfalt: Sie bezieht sich auf die Vielfalt der Gene innerhalb einer einzelnen Art. Diese genetische Variation ermöglicht es einer Art, sich an verändernde Umweltbedingungen anzupassen und ist entscheidend für ihre langfristige Überlebensfähigkeit. Man denke an die Vielfalt der Kartoffelsorten oder Reissorten – sie alle gehören zur selben Art, aber ihre genetische Vielfalt macht sie widerstandsfähiger gegen Krankheiten oder Klimaschwankungen.
- Vielfalt der Ökosysteme: Diese Ebene umfasst die Vielfalt der Lebensräume und ökologischen Gemeinschaften auf der Erde, wie z. B. Wälder, Feuchtgebiete, Korallenriffe, Grasländer oder Wüsten. Jedes Ökosystem ist ein komplexes Netzwerk von Wechselwirkungen zwischen Arten und ihrer Umwelt.
Die Bedeutung Biologischer Vielfalt kann kaum überschätzt werden. Sie ist das Rückgrat der Ökosystemleistungen, die für das menschliche Wohl unerlässlich sind. Dazu gehören die Bereitstellung sauberer Luft und sauberen Wassers, die Bestäubung von Nutzpflanzen, die Fruchtbarkeit der Böden, die Regulierung des Klimas und der Schutz vor extremen Wetterereignissen. Eine hohe Biodiversität macht Ökosysteme widerstandsfähiger gegenüber Störungen wie Krankheiten oder Klimawandel. Für menschliche Gesellschaften ist die Vielfalt der Arten und Ökosysteme die Grundlage für Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft und Medizin. Viele Medikamente basieren auf Wirkstoffen, die ursprünglich in Pflanzen oder anderen Organismen gefunden wurden. Auch für die Wirtschaft ist Biodiversität von fundamentalem Wert, etwa durch Tourismus oder die Bereitstellung von Rohstoffen. Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist somit eine zentrale Säule der Nachhaltigkeit. Die Vereinten Nationen betonen, dass der Internationale Tag für Biologische Vielfalt geschaffen wurde, um das Verständnis und Bewusstsein für ihre immense Wichtigkeit zu erhöhen.
Datum und Geschichte: Warum feiern wir den Internationalen Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai?
Der Internationale Tag der biologischen Vielfalt wird jedes Jahr am 22. Mai begangen. Dieses spezielle Datum wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2000 festgelegt. Die Wahl des 22. Mai ist nicht zufällig, sondern erinnert an ein entscheidendes Ereignis in der Geschichte des globalen Naturschutzes: die Verabschiedung des Textes des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD — Convention on Biological Diversity). Dieses Übereinkommen wurde am 22. Mai 1992 im Rahmen der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Nairobi, Kenia, angenommen.
Ursprünglich, von 1994 bis 2000, wurde der Tag am 29. Dezember gefeiert. Dieses ursprüngliche Datum markierte den Tag, an dem das Übereinkommen über die biologische Vielfalt in Kraft trat. Angesichts der Schwierigkeiten, während der Weihnachtszeit und zum Jahresende Veranstaltungen zu organisieren und zu fördern, beschloss die Generalversammlung der UN im Dezember 2000, das Datum zu ändern, um eine breitere Beteiligung und Aufmerksamkeit zu ermöglichen. Seitdem ist der 22. Mai offiziell der Internationale Tag der biologischen Vielfalt und dient weltweit dazu, die Bedeutung des Übereinkommens Biologische Vielfalt und die dringende Notwendigkeit des Schutzes von Arten und Ökosystemen hervorzuheben. Das österreichische Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) bestätigt ebenfalls das Datum und den Bezug zum CBD von 1992.
Die Herausforderungen: Bedrohungen für die biologische Vielfalt weltweit
Trotz der unbestreitbaren Bedeutung der biologischen Vielfalt ist ihr Zustand alarmierend. Der Planet erlebt derzeit ein beschleunigtes Artensterben, das in Ausmaß und Geschwindigkeit nur mit den fünf großen Massenaussterben in der Erdgeschichte vergleichbar ist. Die Hauptursachen für diesen dramatischen Rückgang sind vom Menschen verursacht und vielfältig.
Eine der gravierendsten Bedrohungen ist die Habitatzerstörung. Durch Abholzung von Wäldern, Umwandlung von Feuchtgebieten in Ackerland, Urbanisierung und Infrastrukturprojekte verlieren unzählige Arten ihren Lebensraum und ihre Nahrungsquellen. Auch die Fragmentierung von Lebensräumen erschwert es Populationen, sich zu vermehren und auszubreiten.
Der Klimawandel stellt eine weitere erhebliche Gefahr dar. Steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster und extremere Wetterereignisse verschieben Klimazonen schneller, als viele Arten sich anpassen können. Dies führt zur Verschiebung von Verbreitungsgebieten, zum Aussterben empfindlicher Arten und zur Störung ganzer Ökosysteme, wie beispielsweise bei der Korallenbleiche.
Auch die Umweltverschmutzung trägt maßgeblich zum Verlust der Biodiversität bei. Pestizide und Herbizide in der Landwirtschaft schädigen nicht nur Zielorganismen, sondern auch unzählige andere Lebewesen. Plastikmüll verschmutzt Ozeane und Landflächen, während Chemikalien und Schwermetalle Gewässer und Böden kontaminieren. Licht- und Lärmverschmutzung beeinträchtigen ebenfalls das Verhalten und Überleben vieler Tierarten.
Die Ausbreitung invasiver Arten ist eine oft unterschätzte, aber schwerwiegende Bedrohung. Arten, die außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets eingeschleppt werden, können heimische Arten verdrängen, Krankheiten übertragen und Ökosysteme fundamental verändern.
Schließlich führt die Übernutzung natürlicher Ressourcen zur Dezimierung von Populationen. Überfischung, illegale Jagd, nicht nachhaltige Land- und Forstwirtschaft sowie die Entnahme von Rohstoffen zerstören oder beeinträchtigen Lebensräume und reduzieren die Bestände einzelner Arten bis zur kritischen Grenze.
Angesichts dieser vielschichtigen Bedrohungen betonen Experten und Organisationen wie die Österreichische UNESCO-Kommission die dringende Notwendigkeit stärkerer weltweiter Anstrengungen zum Schutz von Arten und Lebensräumen. Internationaler Tag der Biodiversität — Österreichische UNESCO …
Globales Engagement: Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) und internationale Ziele
Die Erkenntnis, dass der Schutz der biologischen Vielfalt eine globale Herausforderung ist, führte zur Schaffung internationaler Abkommen. Das wichtigste multilaterale Übereinkommen in diesem Bereich ist das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD), das 1992 beim Erdgipfel in Rio de Janeiro verabschiedet wurde. Die CBD trat am 29. Dezember 1993 in Kraft und wird von fast allen Ländern weltweit ratifiziert.
Das CBD verfolgt drei Hauptziele:
- Die Erhaltung der biologischen Vielfalt.
- Die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile.
- Den gerechten und ausgewogenen Vorteilsausgleich, der sich aus der Nutzung genetischer Ressourcen ergibt.
Das Übereinkommen bietet einen Rahmen für die Entwicklung nationaler Strategien und Aktionspläne zum Schutz der Artenvielfalt. Regelmäßige Vertragsstaatenkonferenzen (COP) dienen dazu, die Umsetzung zu überprüfen, neue Ziele zu setzen und Protokolle zu verhandeln, wie das Nagoya-Protokoll über den Zugang zu genetischen Ressourcen und den Vorteilsausgleich oder das Cartagena-Protokoll über die biologische Sicherheit.
Internationale Ziele im Rahmen der CBD wurden mehrfach formuliert, zuletzt im Globalen Biodiversitätsrahmen Kunming-Montreal, der im Dezember 2022 auf der COP 15 verabschiedet wurde. Dieser Rahmen enthält ambitionierte Ziele für das Jahr 2030, darunter die 30x30-Initiative, die den Schutz von mindestens 30 Prozent der globalen Land- und Meeresflächen vorsieht, sowie Ziele zur Wiederherstellung degradierter Ökosysteme, zur Reduzierung von Verschmutzung und invasiven Arten und zur Förderung nachhaltiger Praktiken.
Diese globalen Abkommen und Ziele unterstreichen die gemeinsame Verantwortung der Weltgemeinschaft für den Erhalt des natürlichen Erbes der Erde und dienen als Grundlage für coordinated actions auf internationaler Ebene.
Wie Sie am Internationalen Tag der biologischen Vielfalt teilnehmen können und Artenschutz unterstützen
Der Internationale Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai bietet eine hervorragende Gelegenheit, das Bewusstsein für die Bedeutung der Artenvielfalt zu schärfen und zu feiern. Doch es ist mehr als nur ein einzelner Tag; er soll dazu inspirieren, sich langfristig für den Schutz der Natur einzusetzen. Jeder Einzelne kann einen Beitrag leisten, sowohl am Aktionstag selbst als auch im Alltag.
Eine Möglichkeit, am 22. Mai teilzunehmen, ist die Natur direkt zu erleben. Machen Sie einen Spaziergang in einem lokalen Park, Wald oder Naturschutzgebiet. Beobachten Sie Vögel, Insekten und Pflanzen. Dies fördert die Wertschätzung für die Natur und ihre Vielfalt. Viele Organisationen bieten an diesem Tag auch spezielle Exkursionen oder Veranstaltungen an, denen man sich anschließen kann.
Informieren Sie sich und andere. Lesen Sie Artikel über Biodiversität, schauen Sie Dokumentationen oder besuchen Sie Vorträge. Teilen Sie Ihr Wissen in sozialen Medien oder im Gespräch mit Freunden und Familie. Bewusstseinsbildung ist ein wichtiger erster Schritt.
Über den Aktionstag hinaus gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich für den Artenschutz zu engagieren und nachhaltig zu leben:
- Garten oder Balkon naturnah gestalten: Pflanzen Sie heimische Blumen, Sträucher und Bäume, die Insekten und Vögeln Nahrung und Unterschlupf bieten. Schaffen Sie kleine Lebensräume wie Insektenhotels oder Teiche. Verzichten Sie auf chemische Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger.
- Nachhaltig konsumieren: Achten Sie beim Einkauf auf Produkte aus nachhaltiger Landwirtschaft oder Fischerei (z. B. Bio-Siegel, MSC-Siegel). Reduzieren Sie den Konsum von Fleisch und wählen Sie regionale und saisonale Produkte. Vermeiden Sie Einwegplastik.
- Wasser und Energie sparen: Ein bewusster Umgang mit Ressourcen schont die Umwelt und somit auch die Lebensräume von Arten.
- Ehrenamtliches Engagement: Engagieren Sie sich bei lokalen Naturschutzorganisationen. Helfen Sie bei Pflegeaktionen, Pflanzungen oder Monitoringprojekten.
- Politische Teilhabe: Informieren Sie sich über die Positionen von Parteien und Politikern zum Thema Umwelt- und Naturschutz. Unterstützen Sie Initiativen, die sich für strengere Umweltgesetze einsetzen.
- Natur respektieren: Hinterlassen Sie in der Natur keinen Müll. Bleiben Sie auf ausgewiesenen Wegen. Füttern Sie keine Wildtiere.
Diese Tipps für den Artenschutz zeigen, dass jeder Einzelne im Alltag einen Unterschied machen kann. Indem wir bewusste Entscheidungen treffen und uns aktiv engagieren, tragen wir dazu bei, die biologische Vielfalt für zukünftige Generationen zu erhalten.