Thyssenkrupp: Industrie 4.0 Umbau – Zukunft oder Rückschritt?

Thyssenkrupp: Industrie 4.0 Umbau – Zukunft oder Rückschritt?

Der deut­sche Indus­trie­kon­zern Thys­sen­krupp steht vor einem tief­grei­fen­den Umbruch. Ange­sichts glo­ba­len Wett­be­werbs, tech­no­lo­gi­scher Sprün­ge und der Not­wen­dig­keit zur Effi­zi­enz­stei­ge­rung setzt das Unter­neh­men mas­siv auf die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on, ins­be­son­de­re im Bereich Indus­trie 4.0. Die­ser Umbau ver­spricht Poten­zia­le für moder­ni­sier­te Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se, neue Geschäfts­mo­del­le und eine gestärk­te Wett­be­werbs­fä­hig­keit. Gleich­zei­tig birgt er erheb­li­che Her­aus­for­de­run­gen – von hohen Inves­ti­ti­ons­kos­ten über die Kom­ple­xi­tät der Sys­tem­in­te­gra­ti­on bis hin zu den Aus­wir­kun­gen auf die Beleg­schaft und Arbeits­plät­ze. Die zen­tra­le Fra­ge, die sich stellt, ist: Reprä­sen­tiert die­ser ehr­gei­zi­ge Indus­trie 4.0 Umbau für Thys­sen­krupp tat­säch­lich den Weg in eine zukunfts­si­che­re Ära, oder birgt er das Risi­ko eines Rück­schritts, falls die Trans­for­ma­ti­on nicht erfolg­reich gestal­tet wird? Die­ser Arti­kel beleuch­tet die ver­schie­de­nen Facet­ten die­ses Wan­dels.

Thyssenkrupp: Ein Konzern im Umbruch

Die Geschich­te von Thys­sen­krupp ist geprägt von Zusam­men­schlüs­sen und Anpas­sun­gen an wirt­schaft­li­che sowie tech­no­lo­gi­sche Ver­än­de­run­gen. Der heu­ti­ge Kon­zern, ent­stan­den aus der Fusi­on von Thys­sen AG und Krupp AG, blickt auf eine lan­ge Tra­di­ti­on in Schlüs­sel­in­dus­trien wie Stahl und Maschi­nen­bau zurück. Doch das glo­ba­le Markt­um­feld hat sich dras­tisch gewan­delt. Zuneh­men­der Wett­be­werbs­druck aus Schwel­len­län­dern, die Not­wen­dig­keit zur Dekar­bo­ni­sie­rung der Schwer­indus­trie und die rasan­te Ent­wick­lung digi­ta­ler Tech­no­lo­gien erfor­dern einen grund­le­gen­den struk­tu­rel­len Wan­del. Für Thys­sen­krupp bedeu­tet dies nicht nur eine Neu­ord­nung von Geschäfts­be­rei­chen, son­dern vor allem die Not­wen­dig­keit einer tief­grei­fen­den Trans­for­ma­ti­on, um auch künf­tig rele­vant und pro­fi­ta­bel zu blei­ben. Die­ser Kon­zern­um­bau ist somit kei­ne Opti­on, son­dern eine exis­ten­zi­el­le Anfor­de­rung, um den Her­aus­for­de­run­gen des 21. Jahr­hun­derts zu begeg­nen.

Das Herzstück des Wandels: Industrie 4.0 bei Thyssenkrupp

Der Indus­trie 4.0 Umbau ist das zen­tra­le Ele­ment der aktu­el­len Stra­te­gie bei Thys­sen­krupp. Ziel ist die umfas­sen­de digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on der Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se und Geschäfts­mo­del­le. Kon­kret bedeu­tet dies die Ent­wick­lung zur Smart Fac­to­ry durch die Ver­net­zung von Anla­gen, Maschi­nen und Pro­duk­ten ent­lang der gesam­ten Wert­schöp­fungs­ket­te. Fort­schritt­li­che Tech­no­lo­gien spie­len dabei eine Schlüs­sel­rol­le: Der Ein­satz von KI In Indus­trie ermög­licht prä­dik­ti­ve War­tung und Pro­zess­op­ti­mie­rung. Daten­ana­ly­se gro­ßer Men­gen an Pro­duk­ti­ons- und Sen­sor­da­ten lie­fert wert­vol­le Ein­bli­cke zur Stei­ge­rung der Effi­zi­enz und Qua­li­tät. Die zuneh­men­de Auto­ma­ti­sie­rung wie­der­keh­ren­der Auf­ga­ben ent­las­tet Mit­ar­bei­ter und stei­gert die Pro­duk­ti­vi­tät. Thys­sen­krupp imple­men­tiert die­se Tech­no­lo­gien in ver­schie­de­nen Spar­ten, von der Stahl­pro­duk­ti­on bis zum Anla­gen­bau, um die Ver­netz­te Pro­duk­ti­on zu rea­li­sie­ren. Pro­jek­te wie die digi­ta­le Ver­net­zung von Auf­zugs­an­la­gen oder der Ein­satz von Aug­men­ted Rea­li­ty in der Instand­hal­tung zei­gen die Band­brei­te der ange­sto­ße­nen Initia­ti­ven. Der Fokus liegt dar­auf, durch Trans­pa­renz, Fle­xi­bi­li­tät und Effi­zi­enz die Wett­be­werbs­fä­hig­keit nach­hal­tig zu stär­ken.

Potenziale: Effizienz, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit

Der Umstieg auf Indus­trie 4.0‑Technologien birgt für einen Kon­zern wie Thys­sen­krupp, der in kapi­tal­in­ten­si­ven und wett­be­werbs­in­ten­si­ven Märk­ten agiert, signi­fi­kan­te Poten­zia­le. Im Vor­der­grund steht die erwar­te­te Effi­zi­enz­stei­ge­rung über die gesam­te Wert­schöp­fungs­ket­te. Durch die Ver­net­zung von Maschi­nen, Anla­gen und Pro­zes­sen in soge­nann­ten Smart Fac­to­ries kön­nen Pro­duk­ti­ons­ab­läu­fe in Echt­zeit über­wacht, ana­ly­siert und opti­miert wer­den. Dies ermög­licht eine prä­zi­se­re Steue­rung, redu­ziert Eng­päs­se und mini­miert den Aus­schuss, was direkt zu einer Kos­ten­sen­kung führt.

Ein wei­te­rer zen­tra­ler Vor­teil ist die Pro­zess­op­ti­mie­rung. Pre­dic­ti­ve Main­ten­an­ce, also die vor­aus­schau­en­de War­tung basie­rend auf gesam­mel­ten Maschi­nen­da­ten, ver­hin­dert unge­plan­te Aus­fall­zei­ten, stei­gert die Anla­gen­ver­füg­bar­keit und senkt War­tungs­kos­ten. Die Inte­gra­ti­on von Künst­li­cher Intel­li­genz (KI) und Daten­ana­ly­se erlaubt zudem die Iden­ti­fi­zie­rung neu­er Mus­ter und Opti­mie­rungs­po­ten­zia­le, die manu­ell nicht erkenn­bar wären.

Indus­trie 4.0 eröff­net Thys­sen­krupp auch neue Fel­der für Inno­va­tio­nen. Durch fle­xi­ble­re Pro­duk­ti­ons­sys­te­me kön­nen indi­vi­dua­li­sier­te Pro­duk­te oder Klein­se­ri­en wirt­schaft­li­cher gefer­tigt wer­den, was neue digi­ta­le Geschäfts­mo­del­le ermög­licht. Die ver­bes­ser­te Daten­trans­pa­renz unter­stützt zudem die Ent­wick­lung neu­er Ser­vices rund um die Pro­duk­te, bei­spiels­wei­se im Bereich der Zustands­über­wa­chung oder Leis­tungs­op­ti­mie­rung beim Kun­den. All die­se Fak­to­ren tra­gen dazu bei, die Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Kon­zerns in einem glo­ba­li­sier­ten Umfeld nach­hal­tig zu stär­ken und die Markt­po­si­ti­on zu ver­bes­sern.

Hürden auf dem Weg: Technische, finanzielle und organisatorische Herausforderungen

Trotz der viel­ver­spre­chen­den Poten­zia­le ist der Weg zur voll­stän­di­gen Indus­trie 4.0‑Integration bei Thys­sen­krupp mit erheb­li­chen Her­aus­for­de­run­gen gepflas­tert. An ers­ter Stel­le ste­hen die oft immensen Imple­men­tie­rungs­kos­ten. Die Moder­ni­sie­rung oder der Aus­tausch bestehen­der Anla­gen, die Ein­füh­rung kom­ple­xer Soft­ware-Sys­te­me und der Auf­bau einer leis­tungs­fä­hi­gen IT-Infra­struk­tur erfor­dern sub­stan­zi­el­le Inves­ti­tio­nen, deren Amor­ti­sa­ti­on nicht immer kurz­fris­tig gesi­chert ist.

Eine wei­te­re gro­ße Hür­de ist die Kom­ple­xi­tät der Sys­tem­in­te­gra­ti­on. Unter­schied­li­che Maschi­nen­parks, Soft­ware-Inseln und Daten­for­ma­te müs­sen mit­ein­an­der ver­netzt und har­mo­ni­siert wer­den. Die Schaf­fung einer inter­ope­ra­blen Land­schaft, die den naht­lo­sen Daten­aus­tausch ermög­licht, stellt eine anspruchs­vol­le tech­ni­sche Auf­ga­be dar. Dabei wächst auch die Abhän­gig­keit von exter­nen Dienst­leis­tern und Soft­ware­an­bie­tern, was Risi­ken in Bezug auf Know-how-Abfluss und Lie­fe­ran­ten­bin­dung birgt.

Zusätz­lich zu den tech­ni­schen und finan­zi­el­len Aspek­ten sind Cyber-Sicher­heit und IT-Sicher­heit kri­ti­sche Her­aus­for­de­run­gen. Eine ver­netz­te Pro­duk­ti­ons­um­ge­bung bie­tet Angrei­fern neue poten­zi­el­le Ein­falls­to­re, deren erfolg­rei­che Nut­zung schwer­wie­gen­de Fol­gen haben könn­te, von Pro­duk­ti­ons­aus­fäl­len bis zum Dieb­stahl sen­si­bler Daten. Nicht zuletzt darf der Fak­tor Mensch nicht unter­schätzt wer­den: Orga­ni­sa­to­ri­scher Wider­stand gegen Ver­än­de­run­gen und die Not­wen­dig­keit eines umfas­sen­den Chan­ge Manage­ments inner­halb einer gro­ßen Beleg­schaft sind ent­schei­dend für den Erfolg der Trans­for­ma­ti­on.

Der Mensch im Fokus: Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Qualifizierung

Der Indus­trie 4.0 Umbau hat tief­grei­fen­de Aus­wir­kun­gen auf die Arbeits­welt bei Thys­sen­krupp. Wäh­rend bestimm­te repe­ti­ti­ve oder kör­per­lich belas­ten­de Tätig­kei­ten durch Auto­ma­ti­sie­rung und Robo­tik über­nom­men wer­den könn­ten, ent­ste­hen gleich­zei­tig neue Berufs­fel­der und Auf­ga­ben­pro­fi­le. Die Not­wen­dig­keit, kom­ple­xe ver­netz­te Sys­te­me zu über­wa­chen, zu war­ten und zu opti­mie­ren, erfor­dert ande­re digi­ta­le Kom­pe­ten­zen als in der Ver­gan­gen­heit.

Dies führt zu einem erheb­li­chen Qua­li­fi­zie­rungs­be­darf bei den Mit­ar­bei­tern. Bestehen­de Beleg­schaf­ten müs­sen durch geziel­te Wei­ter­bil­dung und Umschu­lung auf die neu­en Anfor­de­run­gen vor­be­rei­tet wer­den. Das Spek­trum reicht dabei von grund­le­gen­den IT-Kennt­nis­sen und Daten­ver­ständ­nis bis hin zu spe­zi­fi­schem Wis­sen über neue Tech­no­lo­gien wie KI oder Cloud Com­pu­ting. Hier­bei spielt die Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gung eine ent­schei­den­de Rol­le, um den Wan­del sozi­al­ver­träg­lich zu gestal­ten und Ängs­te abzu­bau­en.

Die sozia­le Ver­ant­wor­tung des Kon­zerns liegt dar­in, die­sen Über­gang aktiv zu beglei­ten, Per­spek­ti­ven für Mit­ar­bei­ter in von Auto­ma­ti­sie­rung betrof­fe­nen Berei­chen zu schaf­fen und in die Ent­wick­lung der Beleg­schaft zu inves­tie­ren. Die Rol­le der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tun­gen ist dabei zen­tral, um den Pro­zess mit­zu­ge­stal­ten und sicher­zu­stel­len, dass die Arbeits­platz­ver­än­de­run­gen sozi­al fair und im Sin­ne der Beschäf­tig­ten erfol­gen. Die poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Dis­kus­si­on über die Aus­wir­kun­gen der Digi­ta­li­sie­rung auf die Arbeits­welt, wie sie auch in Doku­men­ten wie dem Ple­nar­pro­to­koll 20/11 des Deut­schen Bun­des­ta­ges reflek­tiert wird, bil­det den brei­te­ren Kon­text für die­sen Wan­del bei Thys­sen­krupp.

Fazit

Thys­sen­krupps Digi­ta­li­sie­rungs­of­fen­si­ve im Rah­men von Indus­trie 4.0 mar­kiert einen fun­da­men­ta­len stra­te­gi­schen Wan­del, der weit über tech­no­lo­gi­sche Moder­ni­sie­rung hin­aus­geht. Der Kon­zern reagiert damit auf glo­ba­len Wett­be­werbs­druck, not­wen­di­ge Effi­zi­enz­stei­ge­rung und die zuneh­men­de Bedeu­tung ver­netz­ter Pro­duk­ti­ons­sys­te­me. Die Umstel­lung ver­spricht signi­fi­kan­te Vor­tei­le – von höhe­rer Pro­duk­ti­vi­tät über inno­va­ti­ve Geschäfts­mo­del­le bis hin zur Erschlie­ßung neu­er Markt­po­ten­zia­le. Doch die Umset­zung ist anspruchs­voll: Hohe Inves­ti­tio­nen, kom­ple­xe tech­ni­sche Inte­gra­ti­on und die Not­wen­dig­keit eines kul­tu­rel­len Wan­dels inner­halb der Beleg­schaft stel­len gro­ße Her­aus­for­de­run­gen dar.

Beson­ders deut­lich wird: Der Mensch spielt dabei eine zen­tra­le Rol­le. Erfolg­rei­che Trans­for­ma­ti­on bedeu­tet nicht nur den Ein­satz smar­ter Tech­no­lo­gien, son­dern auch die Mit­nah­me, Qua­li­fi­zie­rung und Betei­li­gung der Mit­ar­bei­ter. Wird der Umbau ganz­heit­lich gedacht und umge­setzt, kann er zum ent­schei­den­den Zukunfts­vor­teil wer­den. Miss­lingt die Inte­gra­ti­on hin­ge­gen, dro­hen wirt­schaft­li­che Rück­schlä­ge und ein Ver­lust an Wett­be­werbs­fä­hig­keit.

Weiterführende Quellen

  • Ple­nar­pro­to­koll 20/11 (Deut­scher Bun­des­tag) – Die­se Quel­le bie­tet Ein­bli­cke in die poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Dis­kus­si­on zu IT und Indus­trie 4.0 in Deutsch­land sowie zu Struk­turum­brü­chen in ver­schie­de­nen Sek­to­ren, die den Kon­text für Thys­sen­krupps Umbau auf­zei­gen.
    (https://dserver.bundestag.de/btp/20/20011.pdf)