Griechenland, ein Land, das seit Langem für seine reiche Geschichte und atemberaubende Landschaft bekannt ist, steht heute an der Frontlinie der Klimakrise. Verheerende Waldbrände, anhaltende Dürreperioden und eine akute Wasserkrise bedrohen nicht nur die natürlichen Ressourcen, sondern auch die Lebensgrundlagen seiner Bevölkerung. Doch inmitten dieser Herausforderungen entwickelt sich Griechenland zu einem Vorreiter in der Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) und innovativen Umwelttechnologien, um eine resiliente Zukunft zu gestalten.
KI in der Waldbrandprävention: Das „Internet der Bäume“ und DRYADS
Die wiederkehrenden und immer intensiver werdenden Waldbrände sind eine der gravierendsten Folgen des Klimawandels in Griechenland. Allein im Jahr 2023 verbrannten über 174.000 Hektar Land, was das Vierfache des Durchschnitts der Jahre 2006 bis 2022 darstellt. Das Land hat in den letzten acht Sommern 37 Prozent seiner Waldflächen im Großraum Athen verloren. Um dieser Bedrohung zu begegnen, setzt Griechenland auf hochmoderne KI-gestützte Lösungen.
DRYADS: Ein Ökosystem für Waldresilienz
Das DRYADS Projekt, eine Kooperation zwischen dem SCAN Laboratory und dem griechischen Ministerium für Umwelt und Energie, ist eine KI-gestützte Plattform zur Steuerung der Waldresilienz und Minderung der Klimawawandelauswirkungen. Es nutzt kontinuierliche multimodale Sensorik – darunter IoT-Sensoren und Drohnenbilder – um Mikroklimate zu erfassen, anthropogene und umweltbedingte Risikofaktoren zu identifizieren. Das System ermöglicht die Früherkennung von Waldbränden, die Vorhersage ihrer Ausbreitung und die Bewertung ihrer Entwicklung. Ein zentrales Merkmal ist der KI-gestützte Digitale Zwilling, der genaue 3D-Geodatenmodelle von Waldgebieten erstellt, um Umgebungsbedingungen in Echtzeit zu simulieren und zu überwachen. DRYADS, finanziert vom ICLEI Action Fund und unterstützt von Google.org, verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz für das Brandmanagement, der Prävention, Erkennung und Wiederherstellung umfasst.
Dryad Networks: Das „Internet der Bäume“
Eine weitere wegweisende Initiative ist Dryad Networks, das ein „Internet der Bäume“ schafft. Dieses System verwendet solarbetriebene Gassensoren, die als „elektronische Nasen“ fungieren. Sie detektieren Waldbrandindikatoren wie Wasserstoff und Kohlenmonoxid bereits in der frühen Schwelphase eines Brandes, noch bevor Flammen sichtbar sind. Die Sensoren sind in einem drahtlosen Umwelt-Sensornetzwerk auf Basis von LoRaWAN organisiert, einer Technologie für Long-Range IoT-Netzwerke, die auch in Gebieten ohne Mobilfunkabdeckung funktioniert. Die gesammelten Daten werden in cloudbasierten Big-Data-Tools mittels KI und maschinellem Lernen analysiert, um ultra-frühe Branderkennung zu gewährleisten und wertvolle Einblicke in die Waldgesundheit zu liefern. Ziel ist es, bis 2030 3,9 Millionen Hektar Wald vor der Zerstörung zu bewahren und 1,7 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen einzusparen.
Staatliche Maßnahmen zur Brandbekämpfung
Die griechische Regierung verstärkt ebenfalls ihre Anstrengungen. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis kündigte 100 Drohnen an, die in Kombination mit KI und Satellitenbildern sensible Gebiete überwachen sollen, um sofortige Informationen über Brandherde zu erhalten. Ein 2,1 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm wurde aufgelegt, das größte im Katastrophenschutz des Landes, ergänzt durch ein Darlehen der EU von 595 Millionen Euro. Dies beinhaltet die Anschaffung neuer Löschflugzeuge und mobiler Kommandozentralen, die mit neuester Technologie und Beobachtungsdrohnen ausgestattet sind.
Künstliche Intelligenz und die Wasserkrise: Ein Kampf um jeden Tropfen
Neben den Waldbränden kämpft Griechenland mit einer schwerwiegenden Wasserkrise, die durch anhaltende Dürreperioden und den Klimawandel verschärft wird. Regionen wie Attika, Peloponnes und die kykladischen Inseln sind besonders betroffen, mit stark geschrumpften Grundwasserreserven und nahezu leeren Stauseen. Der Mornos-Stausee, der die Hauptstadt Athen versorgt, hat seinen niedrigsten Wasserstand seit 16 Jahren erreicht. Die Dürre hat sogar dazu geführt, dass das einst geflutete Dorf Kallio wieder aus dem Mornos-Stausee aufgetaucht ist. Griechenland erlebt das vierte Jahr in Folge Dürre, was Verbraucher und vor allem die Landwirtschaft stark beeinträchtigt.
Technologische Lösungen für Wassermanagement
Die griechische Regierung hat einen umfassenden Plan vorgestellt, der auf moderne Technologien und Bürgerinitiativen setzt, um der Wasserkrise zu begegnen. Ministerpräsident Mitsotakis betonte die Bedeutung von Wasser als öffentliches Gut und lehnt eine Privatisierung entschieden ab. Rund 1.200 Wasserprojekte sollen zentral koordiniert werden, um die Effizienz zu steigern und Investitionen zu fördern. Obwohl die genaue Rolle von KI in diesen spezifischen 1.200 Projekten noch detailliert wird, ist klar, dass der Einsatz von Datenanalyse und intelligenten Systemen für ein optimiertes Wassermanagement unerlässlich ist.
Der verborgene Wasserverbrauch der KI
Ironischerweise stellt die Künstliche Intelligenz selbst eine Herausforderung für den Wasserverbrauch dar. Rechenzentren, die für das Training und den Betrieb von KI-Modellen unerlässlich sind, verbrauchen enorme Mengen Wasser zur Kühlung. Der Wasserverbrauch von Tech-Konzernen wie Microsoft und Google ist in den letzten Jahren drastisch gestiegen. Bis 2030 wird der Wasserverbrauch von KI weltweit sich voraussichtlich mehr als verdoppeln und bis 2027 bis zu sechsmal so viel Wasser wie Dänemark verbrauchen. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, ressourcenschonende Technologien und Standortwahlen für Rechenzentren zu priorisieren, insbesondere in wasserarmen Regionen wie Teilen Griechenlands.
Anpassung an den Klimawandel: Strategien und Technologien
Griechenland hat die Dringlichkeit der Klimaanpassung erkannt und entsprechende nationale Strategien und Gesetze verabschiedet. Seit 2016 verfügt das Land über eine Nationale Anpassungsstrategie (NAS) und im Mai 2022 wurde das Nationale Klimagesetz verabschiedet, das darauf abzielt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen.
Grüne und blaue Infrastruktur in Städten
Ein Schwerpunkt der Anpassungsmaßnahmen liegt auf der grünen und blauen Infrastruktur, insbesondere in Städten wie Athen. Initiativen der Europäischen Investitionsbank und der EU fördern Naturschutz und Artenvielfalt, indem sie Athen grüner und widerstandsfähiger machen. Dies beinhaltet das Pflanzen von Bäumen und die Schaffung von Grünflächen, die nicht nur die Temperaturen senken, sondern auch Wasser zurückhalten und die Luft reinigen.
Vulnerable Sektoren und technologische Lösungen
Die NAS identifiziert mehrere vom Klimawandel stark betroffene Sektoren, darunter die Wasserwirtschaft, Waldökosysteme, Landwirtschaft, Fischerei und Aquakultur, Tourismus, Energie und die gebaute Umwelt. Für diese Bereiche werden spezifische Anpassungsmaßnahmen vorgeschlagen, wie der Ausbau erneuerbarer Energien, der Schutz von Wasserressourcen und die Entwicklung neuer Technologien. Griechenland ist reich an erneuerbaren Energiequellen und strebt an, ein Energieexporteur zu werden, mit einer beeindruckenden Steigerung der Produktion aus Wind, Sonne und Wasserkraft.
Umwelttechnologien und Sensoren
Der breitere Einsatz von Umwelttechnologien und Sensoren spielt eine entscheidende Rolle im Umweltschutz und der Anpassung an den Klimawandel. Unternehmen in Griechenland entwickeln und implementieren IoT-Sensoren für die Echtzeitüberwachung der Luft- und Wasserqualität, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und andere Umweltparameter. Diese Daten sind fundamental für die Entscheidungsfindung, Politikgestaltung und die Entwicklung von Frühwarnsystemen für Naturkatastrophen.
Datenanalyse und Umweltschutz: Fundament der Resilienz
Die Fähigkeit, Umweltkatastrophen vorherzusagen, zu bewerten und zu managen, hängt maßgeblich von einer umfassenden Datenanalyse ab. Griechenland, das in den letzten Jahren wiederholt von verheerenden Waldbränden und Überschwemmungen heimgesucht wurde, erkennt die Bedeutung der Massendatenerfassung zur Schulung von KI-Tools.
TEMA Projekt: Daten für KI im Katastrophenmanagement
Das TEMA Projekt, koordiniert vom Artificial Intelligence and Information Analysis Laboratory (AIIA lab) der Aristoteles-Universität Thessaloniki, hat zum Ziel, große Mengen von Daten – insbesondere Videos, Bilder und Texte aus sozialen Medien – zu sammeln, die sich auf Waldbrände und Überschwemmungen beziehen. Diese Daten werden verwendet, um KI-Tools zu trainieren, die in der Lage sind, Brandherde oder gefährdete Personen und Tiere automatisch zu erkennen, Brandflächen zu bewerten und das Ausmaß von Naturkatastrophen zu messen.
MOBILAIR Thessaloniki: KI für saubere Luft und Mobilität
Im Rahmen des ICLEI Action Fund spielt auch das Projekt MOBILAIR in Thessaloniki eine wichtige Rolle bei der Klimaanpassung. Der stellvertretende Bürgermeister von Thessaloniki, Prodromos Nikiforidis, betonte die Bedeutung von Technologie und KI-Tools zur Bewältigung schwerwiegender Probleme wie steigende CO2-Emissionen und Umweltverschmutzung in der Stadt. MOBILAIR zielt darauf ab, die Luftqualität und Mobilität zu verbessern und ist ein Beispiel dafür, wie KI direkt zur Steigerung der Lebensqualität in städtischen Gebieten beitragen kann.
Fazit
Griechenland hat die Zeichen der Zeit erkannt und reagiert entschlossen auf die Herausforderungen des Klimawandels. Durch den strategischen Einsatz von Künstlicher Intelligenz, IoT-Sensoren und fortschrittlichen Umwelttechnologien werden innovative Lösungen für die Waldbrandprävention, das Wassermanagement und die Anpassung an extreme Wetterereignisse entwickelt und implementiert. Projekte wie DRYADS und Dryad Networks revolutionieren die Brandfrüherkennung, während datengesteuerte Ansätze im Wassermanagement und Initiativen wie MOBILAIR in Thessaloniki die städtische Resilienz stärken. Trotz der Herausforderungen, einschließlich des eigenen Wasserverbrauchs von KI, demonstriert Griechenland, wie eine technologiegestützte Klimaanpassung nicht nur Schäden mindern, sondern auch den Weg zu einer nachhaltigeren und widerstandsfähigeren Zukunft ebnen kann. Die Integration von Datenanalyse, Sensortechnologie und KI ist dabei nicht nur eine Reaktion auf die Krise, sondern ein aktiver Schritt in Richtung einer grünen Revolution, die das Land neu definiert.
Weiterführende Quellen
https://iclei-europe.org/news?AI_and_technology_lead_climate_action_in_Greece_&newsID=6f1pkP0d