Der rapide Fortschritt im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) verändert die Arbeitswelt grundlegend. Mit dem EU AI Act, der seit August 2024 schrittweise in Kraft tritt, ergeben sich neue rechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI-Systemen. Eine der zentralen Neuerungen, die bereits ab Februar 2025 wirksam wird, ist die gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber, die KI-Kompetenz ihrer Mitarbeiter sicherzustellen. Doch was genau verbirgt sich hinter dieser Pflicht, wen betrifft sie im Detail und welche konkreten Schritte müssen Unternehmen jetzt unternehmen, um compliant zu sein? Dieser Artikel beleuchtet die neuen Anforderungen und gibt Orientierung für die praktische Umsetzung dieser Arbeitgeberpflicht nach dem AI Act.
Rechtliche Grundlage: Der AI Act und die Pflicht zur KI-Kompetenz
Die gesetzliche Grundlage für die Pflicht zur Sicherstellung der KI-Kompetenz findet sich im EU AI Act, der KI Verordnung (Verordnung (EU) 2024/1689), insbesondere in Erwägungsgrund 72. Obwohl oft Art. 4 genannt wird, handelt es sich eher um eine aus den Pflichten für Anbieter und Betreiber von Hochrisiko-KI-Systemen abgeleitete Anforderung. Diese spezifische Pflicht, die KI-Kompetenz von Mitarbeitern sicherzustellen, tritt bereits ab dem 2. Februar 2025 in Kraft. Betroffen sind primär Arbeitgeber, die Hochrisiko-KI-Systeme anbieten oder betreiben, da deren Mitarbeiter sachkundig im Umgang mit diesen Systemen sein müssen. Diese Anforderung strahlt jedoch auch auf andere Unternehmen aus, die KI-Systeme nutzen, da ein grundlegendes Verständnis von KI für den sicheren und effektiven Einsatz unerlässlich ist. Die Pflicht zur Sicherstellung der KI-Kompetenz ist somit ein zentraler Aspekt des AI Act und seines Inkrafttretens ab Februar 2025.
- Weiterführende Quelle: Datenschutz-Notizen.de: AI Act: Erwerb von KI-Kompetenz ist Pflicht ab 2. Februar 2025!
Was bedeutet “KI-Kompetenz” im Arbeitskontext?
KI-Kompetenz im betrieblichen Kontext bedeutet mehr als nur die Fähigkeit, eine Software zu bedienen. Es umfasst die Mitarbeiterkenntnisse und Fähigkeiten, die nötig sind, um KI-Systeme sachkundig, kritisch und sicher zu nutzen und ihr Potenzial zu erkennen. Dazu gehört ein grundlegendes KI Verständnis, wie die Systeme funktionieren, welche Daten sie nutzen und wo ihre Grenzen liegen (z.B. bei Bias oder Halluzinationen). Mitarbeiter sollten in der Lage sein, die Ergebnisse von KI-Systemen zu bewerten, deren Risiken einzuschätzen und verantwortungsvoll mit ihnen umzugehen. Es geht darum, dass Mitarbeiter die sachkundige Nutzung von KI beherrschen und über die notwendigen digitalen Kompetenzen verfügen, um mit dieser sich entwickelnden Technologie Schritt zu halten. Diese Definition der KI-Kompetenz ist essenziell für den Umgang mit KI im Arbeitsalltag.
- Weiterführende Quelle: Betriebsrat.de: Sicherstellung der KI-Kompetenz
Konkrete Arbeitgeberpflichten: Was schreibt der AI Act vor?
Der EU AI Act legt ab dem 2. Februar 2025 eine neue Verpflichtung für Arbeitgeber fest, insbesondere wenn sie Anbieter oder Betreiber von Hochrisiko-KI-Systemen sind. Diese Pflicht zielt darauf ab, die KI-Kompetenz der Mitarbeiter sicherzustellen, die mit solchen Systemen arbeiten. Dies ist keine passive Anforderung, sondern erfordert aktive Maßnahmen vonseiten der Unternehmen. Konkret müssen Arbeitgeber gewährleisten, dass das Personal, das mit diesen kritischen KI-Systemen interagiert, über das notwendige Wissen und Verständnis verfügt, um die Systeme sicher und bestimmungsgemäß zu nutzen, deren Ergebnisse korrekt zu interpretieren und mögliche Risiken oder Fehlfunktionen zu erkennen.
Die gesetzliche Grundlage impliziert, dass Unternehmen Strategien zur betrieblichen Weiterbildung und Mitarbeiterschulung entwickeln und umsetzen müssen. Dazu gehören die Bereitstellung adäquater Lernressourcen, die Organisation von Schulungsmaßnahmen und die Schaffung einer Umgebung, die kontinuierliches Lernen und den Aufbau von KI-Verständnis fördert. Es geht darum, nicht nur die technische Nutzung zu vermitteln, sondern auch ein Bewusstsein für die Grenzen der KI, potenzielle Verzerrungen (Bias) und die ethischen Aspekte des Einsatzes zu schaffen. Dies ist ein entscheidender Schritt zur Gewährleistung der Compliance mit dem AI Act und zur sicheren Integration von KI in Arbeitsabläufe. Wie Haufe.de [https://www.haufe.de/personal/hr-management/ai-act-arbeitgeberpflicht-zur-sicherstellung-der-ki-kompetenz_80_613134.html] ausführt, geht es hierbei um allgemeine Schulungspflichten und Nutzungsverbote, die ab Februar 2025 greifen.
Aktueller Stand der Durchsetzung und Aufsicht
Obwohl die Pflicht zur Sicherstellung der KI-Kompetenz ab dem 2. Februar 2025 gilt, ist die konkrete Durchsetzung und Überwachung in Deutschland derzeit noch in einer frühen Phase. Ein wesentlicher Punkt, der Unternehmen aktuell eine gewisse Unsicherheit beschert, ist das Fehlen spezifischer Bußgelder, die direkt an die Verletzung der KI-Kompetenzpflicht geknüpft sind. Zwar sieht der AI Act hohe Strafen für Verstöße gegen andere Bestimmungen vor, doch diese spezifische Anforderung ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht direkt sanktioniert.
Erschwerend kommt hinzu, dass die für die Überwachung des AI Act in Deutschland zuständige nationale Aufsichtsbehörde bisher noch nicht final benannt wurde. Dies verzögert die Ausarbeitung konkreter Prüfverfahren und die Etablierung klarer Zuständigkeiten für die Compliance Monitoring. Unternehmen sind daher gefordert, aus eigenem Antrieb proaktiv Maßnahmen zur Einhaltung der Pflicht zu ergreifen, auch wenn der unmittelbare Druck durch Sanktionen fehlt. Die Einhaltung der Pflicht dient nicht nur der potenziellen zukünftigen Rechtssicherheit, sondern auch dem verantwortungsvollen Umgang mit Hochrisiko-KI-Systemen im Betrieb. Die IHK Köln [https://www.ihk.de/koeln/hauptnavigation/recht-steuern/wirtschaftsrecht/digitalisierung-und-recht/ai-act-ki-kompetenz-2-februar-2025–5957514] bestätigt den aktuellen Stand bezüglich der Bußgeldbewehrung und des Fehlens einer benannten nationalen Aufsichtsbehörde für diese spezifische Pflicht.
Praktische Schritte zur Umsetzung der KI-Kompetenz im Unternehmen
Die proaktive Umsetzung der Pflicht zur Sicherstellung der KI-Kompetenz erfordert einen strukturierten Ansatz vonseiten der Arbeitgeber. Der erste Schritt sollte eine detaillierte Bedarfsanalyse KI sein: Welche Mitarbeitergruppen arbeiten mit Hochrisiko-KI-Systemen oder sind davon betroffen? Welche spezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten benötigen sie? Basierend auf dieser Analyse können Unternehmen gezielte Weiterbildungsmaßnahmen und Schulungskonzepte entwickeln.
Diese Maßnahmen können vielfältig sein, von internen Workshops und Trainings über externe Kurse bis hin zur Bereitstellung von Online-Lernplattformen und Handbüchern. Wichtig ist, dass die Inhalte praxisrelevant sind und den Mitarbeitern ein fundiertes KI-Verständnis vermitteln – von der Funktionsweise und den Anwendungsmöglichkeiten bis hin zu den Grenzen und Risiken. Die praktische Umsetzung sollte dabei flexibel gestaltet sein, um unterschiedlichen Lernbedürfnissen und Vorkenntnissen gerecht zu werden.
Eine entscheidende Rolle kann hierbei auch der Betriebsrat spielen. Eine frühzeitige Einbindung und Zusammenarbeit ermöglicht es, die Bedürfnisse der Mitarbeiter besser zu verstehen und passende Lösungen zu entwickeln. Der Betriebsrat kann zudem bei der Gestaltung von Betriebsvereinbarungen zum Einsatz von KI und den damit verbundenen Schulungen mitwirken.
Nicht zuletzt ist die Dokumentation der ergriffenen Schritte von großer Bedeutung. Unternehmen sollten nachvollziehbar festhalten, welche Mitarbeiter an welchen Schulungen teilgenommen haben und welche Inhalte vermittelt wurden. Dies dient nicht nur der internen Qualitätssicherung, sondern auch als Nachweis der Erfüllung der Sorgfaltspflichten gegenüber potenziellen Aufsichtsbehörden in der Zukunft. Der Aufbau von KI-Kompetenz ist ein fortlaufender Prozess, der kontinuierliche Investition und Anpassung erfordert.
Fazit & Ausblick
Die Pflicht zur Sicherstellung der KI-Kompetenz ab Februar 2025 ist ein wesentlicher Schritt des AI Act, um einen sicheren und vertrauenswürdigen Umgang mit KI-Systemen, insbesondere Hochrisiko-KI, in Unternehmen zu gewährleisten. Sie unterstreicht die wachsende Bedeutung digitaler Kompetenzen im Arbeitsalltag. Auch wenn derzeit noch spezifische Bußgelder und eine nationale Aufsichtsbehörde für diese spezielle Pflicht fehlen, ist die Anforderung klar formuliert. Unternehmen, die proaktiv in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren und eine fundierte KI-Strategie entwickeln, stärken nicht nur ihre Compliance mit dem AI Act, sondern sichern auch ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der KI-Technologie wird auch zukünftig eine Anpassung und Vertiefung der benötigten Mitarbeiterkenntnisse erfordern. Die Zukunft der Arbeit wird maßgeblich von der Fähigkeit abhängen, verantwortungsvoll und sachkundig mit Künstlicher Intelligenz umzugehen.
Weiterführende Quellen
- AI Act: Arbeitgeberpflicht zur Sicherstellung der KI-Kompetenz… – Diese Quelle beleuchtet die allgemeinen Schulungspflichten und Verbote für Anbieter und Betreiber von KI-Systemen ab Februar 2025.
- KI-Kompetenz nach dem AI Act – was Unternehmen jetzt schon beachten müssen – Dieser Artikel erklärt das Inkrafttreten des AI Act und spezifische Pflichten wie die KI-Kompetenz ab dem 2. Februar 2025.
- KI-Kompetenz nach der KI-Verordnung | reuschlaw News – Eine weitere Quelle, die das Inkrafttreten einiger AI Act Pflichten, darunter die KI-Kompetenz, ab dem 2. Februar 2025 bestätigt.
- AI Act: Erwerb von KI-Kompetenz ist Pflicht ab 2. Februar 2025! – Dieser Artikel hinterfragt kritisch, für wen die Pflicht zur Sicherstellung der KI-Kompetenz genau gilt und nennt dabei primär Anbieter und Betreiber von Hochrisiko-KI.
- Sicherstellung der KI-Kompetenz – Dieser Artikel liefert eine vereinfachte Definition von KI-Kompetenz im Sinne des AI Act und erklärt, was Mitarbeiter beherrschen sollten.
- Verpflichtung im AI-Act: KI-Kompetenz im Unternehmen – Diese Quelle gibt Auskunft über den aktuellen Stand der Bußgeldbewehrung und das Fehlen einer benannten nationalen Aufsichtsbehörde für die KI-Kompetenzpflicht.