Die Qualität der Beleuchtung am Arbeitsplatz ist weit mehr als eine Frage der bloßen Helligkeit. Sie beeinflusst maßgeblich die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten. Eine unzureichende oder schlecht konzipierte Beleuchtung kann weitreichende negative Folgen haben, von Augenbelastungen und Kopfschmerzen bis hin zu Konzentrationsschwächen und einer sinkenden Produktivität. Umgekehrt fördert eine ergonomisch gestaltete Arbeitsplatzbeleuchtung nicht nur das Wohlbefinden, sondern steigert auch die Motivation und Effizienz.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Normen für die Arbeitsplatzbeleuchtung
In Deutschland regeln mehrere Vorschriften und Normen die Beleuchtung von Arbeitsstätten, um den Schutz und die Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten. Die grundlegenden Anforderungen sind in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) festgelegt. Diese Verordnung bildet die Basis und wird durch detailliertere Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) konkretisiert.
Die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A3.4
Die ASR A3.4 „Beleuchtung und Sichtverbindung“ ist von zentraler Bedeutung für die Planung und den Betrieb von Beleuchtungsanlagen in Arbeitsstätten. Sie legt fest, dass alle Arbeitsräume so beleuchtet sein müssen, dass eine sichere und effiziente Tätigkeit gewährleistet ist. Die ASR A3.4 unterscheidet dabei zwischen verschiedenen Beleuchtungsarten, einschließlich der Allgemeinbeleuchtung, die eine gleichmäßige Ausleuchtung des gesamten Raums sichern soll. Eine wichtige Neuerung der ASR A3.4 von Mai 2023 ist die explizite Berücksichtigung der Sichtverbindung nach außen, da Tageslicht als angenehmste Beleuchtung empfunden wird und das Wohlbefinden steigert. Arbeitgeber können zwar von den Vorgaben der ASR abweichen, müssen dann jedoch im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung nachweisen, dass sie mit anderen Maßnahmen den gleichen Arbeits- und Gesundheitsschutz gewährleisten.
Die Europäische Norm DIN EN 12464–1
Ergänzend zur ASR A3.4 gibt die DIN EN 12464–1 „Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten – Teil 1: Arbeitsstätten in Innenräumen“ detaillierte Richtwerte für die Ausleuchtung von Arbeitsplätzen vor. Diese europäische Norm definiert Beleuchtungsanforderungen, die dem Sehkomfort und der Sehleistung von Personen mit normalem oder korrigiertem Sehvermögen gerecht werden. Sie berücksichtigt dabei alle üblichen Sehaufgaben, inklusive derer an Bildschirmarbeitsplätzen. Die Norm ist ein wichtiger Leitfaden für eine gesunde, sichere und produktive Lichtgestaltung in vielfältigen Arbeitsumgebungen wie Büros, Industriehallen oder dem Gesundheitswesen.
Ergonomische Arbeitsplatzbeleuchtung: Mehr als nur Helligkeit
Ergonomische Arbeitsplatzbeleuchtung zielt darauf ab, Lichtverhältnisse zu schaffen, die sowohl die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter fördern als auch die Erfüllung von Sehaufgaben optimieren. Eine solche Beleuchtung hat einen erheblichen positiven Effekt auf Stimmung, Wohlbefinden und Leistung der Mitarbeiter.
Die Bedeutung des Tageslichts
Das natürliche Tageslicht ist die angenehmste Beleuchtung für den Menschen und sollte, wo immer möglich, maximal genutzt werden. Es unterstützt den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus (zirkadianen Rhythmus) und kann Müdigkeit reduzieren. Räume sollten daher ausreichend Tageslicht erhalten und über eine Sichtverbindung nach außen verfügen.
Kriterien der künstlichen Beleuchtung
Da Tageslicht nicht immer ausreichend vorhanden ist, muss es durch künstliche Beleuchtung ergänzt werden, die alle lichttechnischen Gütemerkmale erfüllt. Wichtige Kriterien hierbei sind:
- Beleuchtungsniveau (Lux-Werte): Die Helligkeit des Lichts, das auf eine Fläche fällt.
- Gleichmäßigkeit der Beleuchtung: Eine gleichmäßige Ausleuchtung verhindert Augenbelastungen und Konzentrationsstörungen.
- Begrenzung von Blendung (UGR-Wert): Störende Direkt- oder Reflexblendung muss vermieden werden.
- Lichtrichtung und Schattigkeit: Eine angemessene Schattenwirkung ist wichtig für die Erkennbarkeit von Gegenständen. Lichtquellen sollten idealerweise seitlich angeordnet sein.
- Lichtfarbe und Farbwiedergabe (Ra-Wert): Die Farbtemperatur sollte je nach Tätigkeit und gewünschter Atmosphäre gewählt werden (z.B. Neutralweiß für Büros) und eine gute Farbwiedergabe gewährleisten.
- Flimmerfreiheit: Flimmern kann Augenbelastungen verursachen und sollte vermieden werden.
Lux-Werte am Arbeitsplatz: Konkrete Anforderungen
Die Beleuchtungsstärke, gemessen in Lux (lx), variiert je nach Art der Tätigkeit und des Arbeitsbereichs. Die ASR A3.4 und DIN EN 12464–1 geben hierfür konkrete Mindestwerte vor.
Mindestbeleuchtungsstärken nach Tätigkeit
- Büroarbeitsplätze (Schreiben, Lesen, Datenverarbeitung): Eine Mindestbeleuchtungsstärke von 500 Lux horizontal auf der Arbeitsfläche ist erforderlich.
- Umgebungsbereiche im Büro: Im umliegenden Raumbereich sind mindestens 300 Lux notwendig.
- Präzise Arbeiten (z.B. Labore, Feinmechanik): Hier sind mindestens 1000 Lux vorgeschrieben.
- Manuelles technisches Zeichnen: Werte von 750 Lux oder mehr sind empfohlen.
- Lagerräume mit Leseaufgaben: 200 Lux.
- Verkehrswege und Flure ohne Fahrzeugverkehr: 50 Lux.
Es ist wichtig zu beachten, dass für ältere oder sehbeeinträchtigte Mitarbeiter oft höhere Lux-Werte (zwischen 750 und 1500 Lux) vorteilhaft sind, da die Sehleistung mit dem Alter abnimmt. Die Beleuchtungsstärke sollte zudem individuell anpassbar sein.
Der UGR-Wert: Maß für die Blendungsbegrenzung
Ein weiterer entscheidender Faktor für eine ergonomische Beleuchtung ist die Begrenzung der Blendung. Der UGR-Wert (Unified Glare Rating) ist eine dimensionslose Kennzahl, die die psychologische Blendung einer Beleuchtungsanlage im Innenraum bewertet. Er reicht auf einer Skala von 10 bis 30, wobei ein kleinerer Wert eine geringere Blendung bedeutet.
UGR-Anforderungen für Büros
Für Büros und Bildschirmarbeitsplätze ist ein UGR-Wert von maximal 19 obligatorisch. Ein UGR-Wert von 19 bedeutet, dass sich etwa 65 % der Beobachter durch die Blendung gerade nicht gestört fühlen. Für Tätigkeiten wie technisches Zeichnen wird sogar ein UGR-Wert unter 16 empfohlen. Der UGR-Wert ist keine reine Eigenschaft einer Leuchte, sondern wird durch das Zusammenspiel von Raumbeschaffenheit, Oberflächenhelligkeit, Art und Verteilung der Leuchten sowie der Beobachterposition beeinflusst. Er muss berechnet werden und kann nicht direkt gemessen werden.
Gesundheitsrisiken und Produktivitätsverlust durch schlechtes Licht
Die Auswirkungen unzureichender Beleuchtung gehen weit über bloßes Unbehagen hinaus. Sie stellen ernsthafte Gesundheitsrisiken dar und führen zu spürbaren Produktivitätseinbußen.
Auswirkungen auf die Gesundheit
Schlechtes Licht kann eine Vielzahl von gesundheitlichen Beschwerden hervorrufen:
- Augenbelastung: Trockene, brennende, tränende oder flimmernde Augen sowie Sehbeschwerden sind häufige Folgen. Das Gehirn muss doppelt arbeiten, um schlechte Sicht auszugleichen.
- Kopfschmerzen: Sowohl zu wenig als auch zu viel oder grelles Licht kann zu Kopfschmerzen führen.
- Muskuloskelettale Beschwerden: Fehlhaltungen, um besser sehen zu können, können zu Problemen im Schulter- und Nackenbereich führen.
- Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus: Besonders kaltes, blaustichiges Licht am Abend kann den zirkadianen Rhythmus stören und zu Schlafproblemen führen.
- Psychische Belastung: Schlechte Beleuchtung kann Stress verstärken, Reizbarkeit hervorrufen und sogar depressive Verstimmungen begünstigen. Das Wohlbefinden leidet, wenn Mitarbeiter im Dunkeln arbeiten müssen.
Auswirkungen auf die Produktivität
Der direkte Zusammenhang zwischen optimaler Beleuchtung und Produktivität ist vielfach belegt. Eine unzureichende Beleuchtung führt zu:
- Verminderter Konzentration: Mitarbeiter schalten in den „Nachtmodus“, was Müdigkeit und Konzentrationsprobleme zur Folge hat.
- Erhöhter Fehlerquote: Details werden übersehen, Zahlen falsch gelesen. Dies steigert das Unfallrisiko.
- Sinkender Motivation: Wer sich unwohl fühlt, arbeitet unmotivierter und langsamer.
Unternehmen, die in eine optimierte Arbeitsplatzbeleuchtung investieren, profitieren von gesteigerter Motivation, verbesserter Konzentration und höherer Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter, was sich langfristig positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt.
Fazit
Die Bedeutung einer optimalen Beleuchtung am Arbeitsplatz kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie ist ein entscheidender Faktor für die Gesundheit, Sicherheit und Produktivität der Mitarbeiter. Deutsche und europäische Vorschriften wie die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), die ASR A3.4 und die DIN EN 12464–1 legen klare Anforderungen an die Beleuchtungsqualität fest, von den erforderlichen Lux-Werten für unterschiedliche Tätigkeiten bis zur Begrenzung der Blendung durch den UGR-Wert. Die Integration von ausreichend Tageslicht, die Wahl der richtigen Lichtfarbe und Farbwiedergabe sowie die Minimierung von Flimmern sind ebenso wichtig wie die Einhaltung spezifischer Helligkeitsniveaus. Investitionen in eine ergonomische Beleuchtung sind daher keine reine Kostenfrage, sondern eine strategische Maßnahme, die sich durch geringere Gesundheitsrisiken, höhere Mitarbeiterzufriedenheit und spürbare Produktivitätssteigerungen auszahlt. Unternehmen, die diese Aspekte berücksichtigen, schaffen nicht nur ein gesünderes Arbeitsumfeld, sondern fördern aktiv den Erfolg ihres Geschäfts.