Betriebs­rat: Durch­set­zung von Mit­be­stim­mungs­rech­ten

Betriebs­rat: Durch­set­zung von Mit­be­stim­mungs­rech­ten

·

·

Die Rech­te des Betriebs­rats sind essen­ti­ell für eine funk­tio­nie­ren­de Mit­be­stim­mung im Unter­neh­men. Doch was pas­siert, wenn die­se Rech­te ver­letzt wer­den? Die­ser Arti­kel beleuch­tet die Rol­le der Eini­gungs­stel­le und des Arbeits­ge­richts bei der Durch­set­zung der Betriebs­rats­rech­te und gibt einen Über­blick über die rele­van­ten Ver­fah­ren. Wir klä­ren, wann wel­che Instanz ange­ru­fen wer­den kann und wel­che recht­li­chen Grund­la­gen dabei zu beach­ten sind.

Die Rech­te des Betriebs­rats: Eine Über­sicht

Der Betriebs­rat ist ein zen­tra­les Organ der betrieb­li­chen Mit­be­stim­mung und hat weit­rei­chen­de Rech­te, die im Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) ver­an­kert sind. Die­se Rech­te las­sen sich grob in fol­gen­de Kate­go­rien ein­tei­len:

  • Mit­be­stim­mungs­rech­te: In bestimm­ten sozia­len Ange­le­gen­hei­ten, wie bei­spiels­wei­se der Auf­stel­lung von Urlaubs­plä­nen (§ 87 BetrVG), der Ein­füh­rung und Anwen­dung tech­ni­scher Über­wa­chungs­ein­rich­tun­gen (§ 87 BetrVG) oder der Aus­ge­stal­tung von Arbeits­zeit­mo­del­len (§ 87 BetrVG), hat der Betriebs­rat ein ech­tes Mit­be­stim­mungs­recht. Das bedeu­tet, dass der Arbeit­ge­ber die­se Maß­nah­men nur mit Zustim­mung des Betriebs­rats durch­füh­ren darf. Kommt kei­ne Eini­gung zustan­de, kann die Eini­gungs­stel­le ange­ru­fen wer­den, deren Spruch bin­dend ist.

  • Betei­li­gungs­rech­te: Die­se Rech­te umfas­sen Informations‑, Bera­tungs- und Anhö­rungs­rech­te. Der Arbeit­ge­ber ist ver­pflich­tet, den Betriebs­rat umfas­send über geplan­te Maß­nah­men zu infor­mie­ren und ihn anzu­hö­ren. Dies betrifft bei­spiels­wei­se geplan­te Betriebs­än­de­run­gen (§ 111 BetrVG), per­so­nel­le Ein­zel­maß­nah­men wie Ein­stel­lun­gen, Ver­set­zun­gen und Kün­di­gun­gen (§ 102 BetrVG) oder die wirt­schaft­li­che Lage des Unter­neh­mens (§ 106 BetrVG). Der Betriebs­rat hat das Recht, Beden­ken gegen geplan­te Maß­nah­men vor­zu­brin­gen, die der Arbeit­ge­ber bei sei­ner Ent­schei­dung berück­sich­ti­gen muss.

  • Über­wa­chungs­rech­te: Der Betriebs­rat hat das Recht, die Ein­hal­tung von Geset­zen, Tarif­ver­trä­gen und Betriebs­ver­ein­ba­run­gen im Betrieb zu über­wa­chen (§ 80 BetrVG). Er kann sich jeder­zeit über die betrieb­li­chen Abläu­fe infor­mie­ren und Aus­künf­te ver­lan­gen.

Die Mit­be­stim­mung des Betriebs­rats ist ein wesent­li­cher Bestand­teil der deut­schen Arbeits­rechts­ord­nung. Sie soll sicher­stel­len, dass die Inter­es­sen der Arbeit­neh­mer im Unter­neh­men ange­mes­sen berück­sich­tigt wer­den. Die genaue Aus­ge­stal­tung der Mit­be­stim­mungs­rech­te ist jedoch oft kom­plex und führt in der Pra­xis zu Kon­flik­ten zwi­schen Arbeit­ge­ber und Betriebs­rat. In sol­chen Fäl­len kann die Anru­fung der Eini­gungs­stel­le oder des Arbeits­ge­richts not­wen­dig sein, um die Rech­te des Betriebs­rats durch­zu­set­zen.

Die Eini­gungs­stel­le: Schlich­tung bei Kon­flik­ten

Die Eini­gungs­stel­le ist ein neu­tra­les Gre­mi­um, das bei Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten zwi­schen Arbeit­ge­ber und Betriebs­rat ver­mit­telnd tätig wird. Sie ist im § 76 BetrVG gere­gelt und wird immer dann aktiv, wenn eine Eini­gung zwi­schen den Betriebs­par­tei­en nicht erzielt wer­den kann, ins­be­son­de­re in Ange­le­gen­hei­ten der Mit­be­stim­mung.

Das Eini­gungs­stel­len­ver­fah­ren ist ein for­ma­li­sier­tes Ver­fah­ren, das in der Regel wie folgt abläuft:

  1. Anru­fung: Der Arbeit­ge­ber oder der Betriebs­rat kön­nen die Eini­gungs­stel­le anru­fen. In der Pra­xis erfolgt die Anru­fung meist durch den Betriebs­rat, wenn der Arbeit­ge­ber sei­ne Mit­be­stim­mungs­rech­te miss­ach­tet.

  2. Zusam­men­set­zung: Die Eini­gungs­stel­le besteht aus einer glei­chen Anzahl von Bei­sit­zern, die vom Arbeit­ge­ber und vom Betriebs­rat benannt wer­den, sowie einem unpar­tei­ischen Vor­sit­zen­den. Der Vor­sit­zen­de wird ent­we­der von den Betriebs­par­tei­en gemein­sam bestimmt oder, falls kei­ne Eini­gung erzielt wer­den kann, vom Arbeits­ge­richt bestellt. Oft­mals han­delt es sich bei dem Vor­sit­zen­den um einen erfah­re­nen Arbeits­rich­ter oder einen exter­nen Media­tor.

  3. Ver­fah­rens­ab­lauf: Die Eini­gungs­stel­le setzt sich mit dem Streit­ge­gen­stand aus­ein­an­der, hört die Argu­men­te bei­der Sei­ten an und ver­sucht, eine güt­li­che Eini­gung zu erzie­len. Der Vor­sit­zen­de spielt dabei eine ent­schei­den­de Rol­le, indem er Vor­schlä­ge zur Kon­flikt­lö­sung unter­brei­tet und zwi­schen den Par­tei­en ver­mit­telt. Die Sit­zun­gen der Eini­gungs­stel­le sind nicht öffent­lich.

  4. Eini­gung oder Spruch: Im Ide­al­fall erzie­len die Betriebs­par­tei­en eine Eini­gung, die in einer Eini­gungs­stell­ver­ein­ba­rung fest­ge­hal­ten wird. Die­se Ver­ein­ba­rung hat die Wir­kung einer Betriebs­ver­ein­ba­rung. Kommt kei­ne Eini­gung zustan­de, ent­schei­det die Eini­gungs­stel­le durch Spruch. Der Spruch der Eini­gungs­stel­le ersetzt die feh­len­de Eini­gung zwi­schen Arbeit­ge­ber und Betriebs­rat und ist für bei­de Sei­ten bin­dend.

Die Rol­le des Eini­gungs­stel­len­vor­sit­zen­den ist von zen­tra­ler Bedeu­tung für den Erfolg des Ver­fah­rens. Er muss über fun­dier­te Kennt­nis­se des Arbeits­rechts und der betrieb­li­chen Pra­xis ver­fü­gen und in der Lage sein, die unter­schied­li­chen Inter­es­sen der Betriebs­par­tei­en zu ver­ste­hen und aus­zu­glei­chen. Er ist ver­ant­wort­lich für die Lei­tung der Ver­hand­lun­gen, die Struk­tu­rie­rung des Ver­fah­rens und die Erar­bei­tung von Kom­pro­miss­vor­schlä­gen. Sei­ne Auf­ga­be ist es, eine Lösung zu fin­den, die sowohl den Inter­es­sen des Unter­neh­mens als auch den Inter­es­sen der Arbeit­neh­mer gerecht wird.

In der Pra­xis ist die Eini­gungs­stel­le ein wich­ti­ges Instru­ment zur Kon­flikt­lö­sung im Betrieb. Sie ermög­licht es, Strei­tig­kei­ten außer­ge­richt­lich bei­zu­le­gen und lang­wie­ri­ge und kost­spie­li­ge Gerichts­ver­fah­ren zu ver­mei­den. Aller­dings ist das Eini­gungs­stel­len­ver­fah­ren auch mit Kos­ten ver­bun­den, die in der Regel vom Arbeit­ge­ber zu tra­gen sind.

Das Arbeits­ge­richt: Durch­set­zung der Betriebs­rats­rech­te

Wenn eine Eini­gung vor der Eini­gungs­stel­le schei­tert oder der Arbeit­ge­ber die Rech­te des Betriebs­rats miss­ach­tet, kann der Betriebs­rat das Arbeits­ge­richt anru­fen. Das Arbeits­ge­richt ist die nächs­te Instanz, um die Rech­te des Betriebs­rats durch­zu­set­zen. Dies ist ins­be­son­de­re dann rele­vant, wenn der Arbeit­ge­ber sich wei­gert, mit dem Betriebs­rat zusam­men­zu­ar­bei­ten oder Beschlüs­se der Eini­gungs­stel­le igno­riert.

Der Betriebs­rat kann das Arbeits­ge­richt in ver­schie­de­nen Ver­fah­ren anru­fen. Die häu­figs­ten Ver­fah­ren sind das Beschluss­ver­fah­ren und die Kla­ge. Im Beschluss­ver­fah­ren geht es in der Regel um die Fest­stel­lung, ob ein bestimm­tes Recht des Betriebs­rats besteht oder ver­letzt wur­de. Eine Kla­ge wird hin­ge­gen erho­ben, wenn der Betriebs­rat vom Arbeit­ge­ber eine bestimm­te Hand­lung ver­langt, bei­spiels­wei­se die Unter­las­sung einer bestimm­ten Maß­nah­me.

Die Ein­schal­tung des Arbeits­ge­richts erfor­dert eine sorg­fäl­ti­ge Vor­be­rei­tung. Der Betriebs­rat soll­te alle rele­van­ten Fak­ten und Beweis­mit­tel zusam­men­tra­gen, um sei­ne Posi­ti­on vor Gericht zu unter­mau­ern. Es ist rat­sam, sich hier­bei von einem Rechts­an­walt bera­ten und ver­tre­ten zu las­sen.

Das Ver­fah­ren vor dem Arbeits­ge­richt ist in der Regel for­ma­ler als das Ver­fah­ren vor der Eini­gungs­stel­le. Es gibt kla­re Ver­fah­rens­re­geln, die ein­ge­hal­ten wer­den müs­sen. Der Ablauf des Ver­fah­rens ist im Wesent­li­chen durch das Arbeits­ge­richts­ge­setz (ArbGG) gere­gelt. Nach der Kla­ge­er­he­bung oder dem Antrag im Beschluss­ver­fah­ren wird das Gericht in der Regel einen Güte­ter­min anbe­rau­men, um eine güt­li­che Eini­gung zwi­schen den Par­tei­en zu erzie­len. Schei­tert der Güte­ter­min, folgt ein Kam­mer­ter­min, in dem die Par­tei­en ihre Argu­men­te vor­brin­gen und Bewei­se vor­le­gen kön­nen. Am Ende des Ver­fah­rens ergeht ein Gerichts­be­schluss oder ein Urteil, das für bei­de Par­tei­en bin­dend ist.

Eini­gungs­stel­le, Arbeits­ge­richt und die Kos­ten­fra­ge

Die Inan­spruch­nah­me der Eini­gungs­stel­le und des Arbeits­ge­richts ver­ur­sacht Kos­ten. Es ist daher wich­tig zu wis­sen, wer die­se Kos­ten trägt und ob es Mög­lich­kei­ten der Kos­ten­er­stat­tung gibt.

Grund­sätz­lich gilt, dass der Arbeit­ge­ber die Kos­ten der Eini­gungs­stel­le trägt, ein­schließ­lich der Ver­gü­tung des Eini­gungs­stel­len­vor­sit­zen­den und even­tu­el­ler Sach­ver­stän­di­ger. Dies ergibt sich aus § 76a BetrVG.

Die Gerichts­kos­ten und Anwalts­kos­ten im Fal­le eines Arbeits­ge­richts­pro­zes­ses sind zunächst von der Par­tei zu tra­gen, die den Pro­zess führt. Aller­dings hat der Betriebs­rat gemäß § 40 BetrVG einen Anspruch auf Kos­ten­er­stat­tung gegen den Arbeit­ge­ber, wenn die Inan­spruch­nah­me des Gerichts erfor­der­lich war, um die Rech­te des Betriebs­rats durch­zu­set­zen. Dies bedeu­tet, dass der Arbeit­ge­ber die Anwalts­kos­ten des Betriebs­rats sowie die Gerichts­kos­ten über­neh­men muss, wenn der Betriebs­rat den Pro­zess gewinnt oder ein Ver­gleich geschlos­sen wird, der dem Betriebs­rat im Wesent­li­chen Recht gibt.

Es ist jedoch wich­tig zu beach­ten, dass der Betriebs­rat nur dann einen Anspruch auf Kos­ten­er­stat­tung hat, wenn die Rechts­ver­fol­gung not­wen­dig war. Das bedeu­tet, dass der Betriebs­rat die Kos­ten nicht erstat­tet bekommt, wenn er leicht­fer­tig oder mut­wil­lig einen Pro­zess führt.

Stra­te­gien zur erfolg­rei­chen Durch­set­zung der Rech­te des Betriebs­rats

Die erfolg­rei­che Durch­set­zung der Rech­te des Betriebs­rats erfor­dert eine stra­te­gi­sche Vor­ge­hens­wei­se und eine gute Vor­be­rei­tung. Hier sind eini­ge prak­ti­sche Tipps für den Betriebs­rat:

  1. Vor­be­rei­tung ist alles: Sam­meln Sie alle rele­van­ten Infor­ma­tio­nen und Beweis­mit­tel, bevor Sie Ver­hand­lun­gen mit dem Arbeit­ge­ber auf­neh­men oder recht­li­che Schrit­te ein­lei­ten. Eine umfas­sen­de Doku­men­ta­ti­on der Sach­ver­hal­te ist uner­läss­lich.

  2. Kla­re Zie­le defi­nie­ren: Legen Sie im Vor­feld fest, wel­che Zie­le Sie errei­chen wol­len und wel­che Kom­pro­mis­se Sie bereit sind ein­zu­ge­hen.

  3. Ver­hand­lungs­stra­te­gie ent­wi­ckeln: Über­le­gen Sie sich eine Ver­hand­lungs­stra­te­gie, die auf die spe­zi­fi­sche Situa­ti­on zuge­schnit­ten ist. Berück­sich­ti­gen Sie dabei die Inter­es­sen und Posi­tio­nen des Arbeit­ge­bers.

  4. Zusam­men­ar­beit suchen: Suchen Sie die Zusam­men­ar­beit mit ande­ren Betriebs­rä­ten, Gewerk­schaf­ten oder Rechts­an­wäl­ten. Ein star­kes Netz­werk kann Ihnen bei der Durch­set­zung Ihrer Rech­te hel­fen.

  5. Beweis­füh­rung opti­mie­ren: Ach­ten Sie auf eine lücken­lo­se Beweis­füh­rung. Sichern Sie rele­van­te Doku­men­te, Zeu­gen­aus­sa­gen und ande­re Beweis­mit­tel.

  6. Öffent­lich­keits­ar­beit: Infor­mie­ren Sie die Beleg­schaft über die Arbeit des Betriebs­rats und die Bedeu­tung der Mit­be­stim­mung. Eine star­ke Unter­stüt­zung durch die Beleg­schaft stärkt Ihre Posi­ti­on gegen­über dem Arbeit­ge­ber.

  7. Recht­li­che Bera­tung: Zie­hen Sie früh­zei­tig einen Rechts­an­walt hin­zu, um sich über Ihre Rech­te und Pflich­ten zu infor­mie­ren und sich bei der Durch­set­zung Ihrer Rech­te unter­stüt­zen zu las­sen.

  8. Doku­men­ta­ti­on der Ver­hand­lun­gen: Füh­ren Sie Pro­to­koll über alle Ver­hand­lun­gen und Gesprä­che mit dem Arbeit­ge­ber. Dies kann im Fal­le eines Rechts­streits von ent­schei­den­der Bedeu­tung sein.

  9. Nut­zen Sie die Eini­gungs­stel­le: Bevor Sie das Arbeits­ge­richt anru­fen, ver­su­chen Sie, eine Eini­gung vor der Eini­gungs­stel­le zu erzie­len. Dies kann Ihnen Zeit und Kos­ten spa­ren.

  10. Kon­se­quen­te Rechts­ver­fol­gung: Wenn der Arbeit­ge­ber Ihre Rech­te miss­ach­tet, scheu­en Sie sich nicht, das Arbeits­ge­richt anzu­ru­fen. Eine kon­se­quen­te Rechts­ver­fol­gung ist wich­tig, um Ihre Rech­te zu wah­ren und ein Zei­chen zu set­zen.

Fazit

Die Rech­te des Betriebs­rats sind ein wich­ti­ges Instru­ment der Mit­be­stim­mung im Unter­neh­men. Die Eini­gungs­stel­le und das Arbeits­ge­richt spie­len eine zen­tra­le Rol­le bei der Durch­set­zung die­ser Rech­te. Der Betriebs­rat soll­te sei­ne Rech­te ken­nen und im Zwei­fels­fall die Unter­stüt­zung die­ser Insti­tu­tio­nen in Anspruch neh­men. Zukünf­tig ist zu erwar­ten, dass die Bedeu­tung der Mit­be­stim­mung und die damit ver­bun­de­nen Rech­te des Betriebs­rats wei­ter zuneh­men wer­den, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf neue Arbeits­mo­del­le und digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on. Die Her­aus­for­de­rung besteht dar­in, die Rech­te des Betriebs­rats an die ver­än­der­ten Arbeits­be­din­gun­gen anzu­pas­sen und eine effek­ti­ve Mit­be­stim­mung sicher­zu­stel­len.