Sprechstunde Betriebsrat

Equal Pay, Gen­der Pay Gap und Durch­set­zung der Lohn­gleich­heit

Die Lohn­un­gleich­heit zwi­schen Män­nern und Frau­en, bekannt als Gen­der Pay Gap, besteht immer noch in Deutsch­land. Trotz­dem gibt es posi­ti­ve Ent­wick­lun­gen, die zur Bekämp­fung die­ser Ungleich­heit bei­tra­gen. Eine weg­wei­sen­de Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts hat kürz­lich den Equal-Pay-Grund­satz gestärkt und ver­deut­licht, dass von die­sem Grund­satz nicht abge­wi­chen wer­den darf, nur weil ein männ­li­cher Kol­le­ge ein höhe­res Gehalt for­dert und der Arbeit­ge­ber dem nach­gibt (Urteil v. 16.01.2023, Az. 8 AZR 450/21). Die­ses Urteil unter­streicht die Bedeu­tung der Durch­set­zung von Equal Pay und trägt dazu bei, den Gen­der Pay Gap in Deutsch­land zu ver­rin­gern.

Aktu­el­ler Stand und Ent­wick­lung der Lohn­un­ter­schie­de zwi­schen Frau­en und Män­nern in Deutsch­land und Euro­pa

Laut dem Sta­tis­ti­schen Bun­des­amt betrug der unbe­rei­nig­te Gen­der Pay Gap in Deutsch­land im Jahr 2020 19 Pro­zent. Das heißt, dass Frau­en im Durch­schnitt 19 Pro­zent weni­ger pro Stun­de ver­dien­ten als Män­ner. Damit lag Deutsch­land deut­lich über dem EU-Durch­schnitt von 14 Pro­zent. Der berei­nig­te Gen­der Pay Gap, der nur die Lohn­un­ter­schie­de bei ver­gleich­ba­ren Tätig­kei­ten und Qua­li­fi­ka­tio­nen berück­sich­tigt, lag in Deutsch­land im Jahr 2018 bei 6 Pro­zent.

Das bedeu­tet, dass Frau­en auch bei glei­cher oder gleich­wer­ti­ger Arbeit weni­ger ver­dien­ten als Män­ner. Der Gen­der Pay Gap hat sich in den letz­ten Jah­ren nur lang­sam ver­rin­gert. Zwi­schen 2010 und 2020 sank er in Deutsch­land um 2 Pro­zent­punk­te, wäh­rend er in der EU um 1 Pro­zent­punkt sank.

Haupt­ur­sa­chen für geschlech­ter­spe­zi­fi­sche Ent­gel­tun­gleich­heit

Die Grün­de für die Ent­gel­tun­gleich­heit zwi­schen Frau­en und Män­nern sind viel­fäl­tig und kom­plex. Sie hän­gen sowohl mit indi­vi­du­el­len Fak­to­ren als auch mit struk­tu­rel­len Pro­ble­men zusam­men. Zu den indi­vi­du­el­len Fak­to­ren gehö­ren unter ande­rem die Berufs- und Bran­chen­wahl, die Qua­li­fi­ka­tio­nen, die Erwerbs­bio­gra­fie, die Arbeits­zeit und die Ver­hand­lungs­be­reit­schaft. Frau­en sind häu­fi­ger in schlech­ter bezahl­ten Beru­fen und Bran­chen tätig, haben nied­ri­ge­re Qua­li­fi­ka­tio­nen oder unter­bre­chen ihre Erwerbs­tä­tig­keit wegen Kin­der­be­treu­ung oder Pfle­ge von Ange­hö­ri­gen. Außer­dem arbei­ten sie öfter in Teil­zeit oder Mini­jobs und ver­han­deln sel­te­ner über ihr Gehalt als Män­ner.

Zu den struk­tu­rel­len Pro­ble­men gehö­ren unter ande­rem die man­geln­de Aner­ken­nung und Bewer­tung von typisch weib­li­chen Tätig­kei­ten, die gerin­ge Durch­läs­sig­keit zwi­schen Beru­fen und Bran­chen, die unglei­che Ver­tei­lung von Füh­rungs­po­si­tio­nen, die feh­len­de Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fami­lie sowie die Dis­kri­mi­nie­rung auf dem Arbeits­markt. Die­se Fak­to­ren füh­ren dazu, dass Frau­en sys­te­ma­tisch benach­tei­ligt wer­den und weni­ger Ein­kom­mens- und Auf­stiegs­chan­cen haben als Män­ner.

Recht­li­che Grund­la­gen und Instru­men­te zur För­de­rung von Equal Pay und Lohn­gleich­heit

Die Gleich­be­hand­lung von Frau­en und Män­nern bei der Ent­loh­nung ist sowohl auf natio­na­ler als auch auf euro­päi­scher Ebe­ne gesetz­lich ver­an­kert. In Deutsch­land gilt das All­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG), das Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Geschlechts ver­bie­tet. Außer­dem gibt es das Ent­gelt­trans­pa­renz­ge­setz (Entg­Tran­spG), das seit 2017 in Kraft ist. Die­ses Gesetz soll mehr Trans­pa­renz über die Gehalts­struk­tu­ren in Unter­neh­men schaf­fen und Beschäf­tig­ten einen indi­vi­du­el­len Aus­kunfts­an­spruch über das durch­schnitt­li­che Ent­gelt ihrer Kol­le­gen des ande­ren Geschlechts geben.

Auf euro­päi­scher Ebe­ne gibt es die Richt­li­nie 2006/54/EG zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung von Män­nern und Frau­en in Arbeits- und Beschäf­ti­gungs­fra­gen, die unter ande­rem das Prin­zip des glei­chen Ent­gelts für glei­che oder gleich­wer­ti­ge Arbeit fest­schreibt. Im Jahr 2021 hat die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on einen Vor­schlag für eine neue Richt­li­nie zur Lohn­trans­pa­renz vor­ge­legt, die unter ande­rem ver­pflich­ten­de Ent­gelt­be­rich­te, ver­bind­li­che Ent­gelt­prüf­ver­fah­ren und ver­bes­ser­te Rechts­schutz­mög­lich­kei­ten für Beschäf­tig­te vor­sieht.

Prak­ti­sche Maß­nah­men und Initia­ti­ven zur Ver­min­de­rung des Gen­der Pay Gap

Neben den recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen gibt es auch ver­schie­de­ne prak­ti­sche Maß­nah­men und Initia­ti­ven, die dazu bei­tra­gen sol­len, die geschlech­ter­spe­zi­fi­sche Ent­gel­tun­gleich­heit zu ver­rin­gern. Dazu gehö­ren zum Bei­spiel Tarif­ver­trä­ge und Betriebs­ver­ein­ba­run­gen, die fai­re und trans­pa­ren­te Ent­gelt­re­ge­lun­gen fest­le­gen. Außer­dem gibt es ver­schie­de­ne Instru­men­te zur Ana­ly­se und Bewer­tung von Ent­gelt­struk­tu­ren, wie zum Bei­spiel das Logib-D-Tool des Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­ums oder das EG-Check-Tool der Hans-Böck­ler-Stif­tung. Die­se Tools ermög­li­chen es Unter­neh­men, ihren Gen­der Pay Gap zu ermit­teln und mög­li­che Ursa­chen dafür zu iden­ti­fi­zie­ren.

Dar­über hin­aus gibt es ver­schie­de­ne Zer­ti­fi­zie­run­gen und Aus­zeich­nun­gen, die Unter­neh­men für ihr Enga­ge­ment für Equal Pay und Lohn­gleich­heit aner­ken­nen, wie zum Bei­spiel das Total E‑Qua­li­ty-Prä­di­kat oder den Equal Pay Award. Schließ­lich gibt es auch zahl­rei­che Sen­si­bi­li­sie­rungs­kam­pa­gnen und Infor­ma­ti­ons­an­ge­bo­te, die das Bewusst­sein für das The­ma Equal Pay und Lohn­gleich­heit in der Öffent­lich­keit erhö­hen sol­len, wie zum Bei­spiel der Equal Pay Day oder die Initia­ti­ve Kli­schee­frei.

Her­aus­for­de­run­gen und Gren­zen bei der Umset­zung und Über­prü­fung von Equal Pay und Lohn­gleich­heit:

Trotz der vor­han­de­nen recht­li­chen und prak­ti­schen Maß­nah­men zur För­de­rung von Equal Pay und Lohn­gleich­heit gibt es immer noch vie­le Pro­ble­me und Beschrän­kun­gen bei der Umset­zung und Über­prü­fung die­ser Zie­le. Ein Pro­blem ist die Daten­qua­li­tät und ‑ver­füg­bar­keit. Es feh­len oft ver­gleich­ba­re und aktu­el­le Daten über die Ent­gelt­struk­tu­ren in Unter­neh­men und Bran­chen, die eine objek­ti­ve Bewer­tung von Equal Pay und Lohn­gleich­heit ermög­li­chen wür­den.

Auch die Rechts­durch­set­zung stellt sich oft als Pro­blem dar. Vie­le Beschäf­tig­te ken­nen ihre Rech­te nicht oder scheu­en sich, sie ein­zu­for­dern, aus Angst vor Repres­sa­li­en oder man­geln­dem Ver­trau­en in die Jus­tiz. Außer­dem sind die recht­li­chen Instru­men­te oft zu kom­pli­ziert oder zu schwach, um eine wirk­sa­me Durch­set­zung von Equal Pay und Lohn­gleich­heit zu gewähr­leis­ten. Eine Limi­tie­rung ist die Berück­sich­ti­gung von indi­vi­du­el­len Fak­to­ren.

Es ist schwie­rig, alle Fak­to­ren, die Ein­fluss auf die Ent­gel­tun­gleich­heit haben, zu erfas­sen und zu quan­ti­fi­zie­ren, wie zum Bei­spiel die per­sön­li­chen Prä­fe­ren­zen, Fähig­kei­ten oder Erwar­tun­gen der Beschäf­tig­ten. Eine wei­te­re Beschrän­kung ist die Besei­ti­gung von struk­tu­rel­len Pro­ble­men. Es ist not­wen­dig, tief­grei­fen­de Ver­än­de­run­gen in den gesell­schaft­li­chen Nor­men, Wer­ten und Rol­len­bil­dern zu bewir­ken, um eine ech­te Gleich­stel­lung von Frau­en und Män­nern in allen Lebens­be­rei­chen zu errei­chen.

Zusam­men­fas­sung der wich­tigs­ten Erkennt­nis­se und Argu­men­te

In die­sem Arti­kel wur­de gezeigt, dass Equal Pay, Gen­der Pay Gap und Lohn­gleich­heit wich­ti­ge The­men sind, die sowohl die wirt­schaft­li­che als auch die sozia­le Situa­ti­on von Frau­en betref­fen. Es wur­de dar­ge­stellt, wie hoch der Gen­der Pay Gap in Deutsch­land und Euro­pa ist und wel­che Ursa­chen dafür ver­ant­wort­lich sind. Außer­dem wur­den die recht­li­chen Grund­la­gen und Instru­men­te sowie die prak­ti­schen Maß­nah­men und Initia­ti­ven zur För­de­rung von Equal Pay und Lohn­gleich­heit vor­ge­stellt.

Das weg­wei­sen­de Urteil des Bun­des­ar­beits­ge­richts hat gezeigt, dass von Equal Pay nicht abge­wi­chen wer­den darf, nur weil ein männ­li­cher Kol­le­ge ein höhe­res Gehalt for­dert. Dies trägt zur Stär­kung der Durch­set­zung von Equal Pay und zur Ver­rin­ge­rung des Gen­der Pay Gaps bei. Trotz der Her­aus­for­de­run­gen und Gren­zen bei der Umset­zung und Über­prü­fung von Equal Pay und Lohn­gleich­heit ist es ent­schei­dend, dass wei­ter­hin Maß­nah­men ergrif­fen wer­den, um eine gerech­te Ent­loh­nung für Frau­en zu gewähr­leis­ten und die Chan­cen­gleich­heit auf dem Arbeits­markt zu för­dern.