Betriebsrat 4.0: Die Gestaltung der digitalen und KI-gestützten Arbeitswelt durch strategische Weiterbildung

Betriebsrat 4.0: Die Gestaltung der digitalen und KI-gestützten Arbeitswelt durch strategische Weiterbildung

Die Arbeits­welt befin­det sich in einem rasan­ten Umbruch, getrie­ben von Digi­ta­li­sie­rung und dem Ein­zug Künst­li­cher Intel­li­genz (KI). Für Betriebs­rä­te bedeu­tet dies nicht nur neue Her­aus­for­de­run­gen, son­dern vor allem die Chan­ce, die Trans­for­ma­ti­on aktiv und im Sin­ne der Beleg­schaft zu gestal­ten. Dies erfor­dert ein tief­grei­fen­des Ver­ständ­nis für tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lun­gen und die Bereit­schaft, die eige­ne Rol­le sowie die Wei­ter­bil­dungs­kon­zep­te im Unter­neh­men stra­te­gisch neu aus­zu­rich­ten.

Die Rolle des Betriebsrats in der digitalen Transformation

Die Digi­ta­li­sie­rung umfasst die Umwand­lung ana­lo­ger Pro­zes­se in digi­ta­le Abläu­fe und beein­flusst alle Berei­che der Arbeits­welt, von der Pro­duk­ti­on bis zum Büro. Neue Soft­ware und IT-Sys­te­me bie­ten theo­re­tisch die Mög­lich­keit, die Leis­tung von Arbeit­neh­mern zu mes­sen und zu doku­men­tie­ren. Hier kommt dem Betriebs­rat ein erzwing­ba­res Mit­be­stim­mungs­recht zu, selbst wenn der Arbeit­ge­ber kei­ne direk­te Kon­trol­le beab­sich­tigt, aber die tech­ni­sche Mög­lich­keit dazu besteht (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG).

Betriebs­rä­te kön­nen einen erheb­li­chen Ein­fluss auf digi­ta­le Ver­än­de­rungs­pro­zes­se aus­üben, indem sie die Inter­es­sen der Mit­ar­bei­ter ver­tre­ten und betrieb­li­che Not­wen­dig­kei­ten ver­mit­teln. Sie sind gefor­dert, eine kla­re Stra­te­gie für die digi­ta­le Zukunft des Betriebs zu ent­wi­ckeln und dabei sowohl die Mit­ar­bei­ter­inter­es­sen als auch die Wirt­schaft­lich­keit zu berück­sich­ti­gen. Die Mit­be­stim­mung des Betriebs­rats ist ein fun­da­men­ta­ler Erfolgs­fak­tor für die Akzep­tanz und den nach­hal­ti­gen Mehr­wert digi­ta­ler Anwen­dun­gen wie Mit­ar­bei­ter-Apps. Wich­ti­ge The­men­fel­der, die der Betriebs­rat im Zuge der Digi­ta­li­sie­rung bear­bei­tet, sind Daten­schutz, Arbeits- und Gesund­heits­schutz, Qua­li­fi­zie­rung und Wei­ter­bil­dung, sowie mobi­le und agi­le Arbeit.

KI-Kompetenzen als Schlüssel zur Mitgestaltung

Künst­li­che Intel­li­genz kann Arbeits­ab­läu­fe effi­zi­en­ter gestal­ten und Beschäf­tig­te ent­las­ten, bei­spiels­wei­se durch die Auto­ma­ti­sie­rung von Rou­ti­ne­tä­tig­kei­ten. Gleich­zei­tig bringt sie neue Her­aus­for­de­run­gen mit sich, wie die Ver­än­de­rung von Arbeits­plät­zen oder Risi­ken durch feh­ler­haf­te KI-Ent­schei­dun­gen und Über­wa­chung. Hier sind Betriebs­rä­te gefragt, die Chan­cen aktiv mit­zu­ge­stal­ten, Regeln zur fai­ren Nut­zung von KI zu ver­ein­ba­ren, Miss­brauch zu ver­hin­dern und Wei­ter­bil­dun­gen für die Beschäf­tig­ten zu för­dern.

Mit dem Inkraft­tre­ten wich­ti­ger Rege­lun­gen des AI Acts ab Febru­ar 2025 sind Unter­neh­men zur Fort- und Wei­ter­bil­dung ihrer Arbeit­neh­mer im Bereich KI ver­pflich­tet. Stu­di­en zei­gen einen drin­gen­den Nach­hol­be­darf an KI-Kom­pe­ten­zen in der Beleg­schaft. Betriebs­rä­te haben weit­rei­chen­de Mit­wir­kungs- und Mit­be­stim­mungs­rech­te bei der Fort- und Wei­ter­bil­dung der Arbeit­neh­mer (nach §§ 92 bis 98 des Betriebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes). Sie müs­sen den Schu­lungs­be­darf ermit­teln, fest­le­gen, wel­che KI-Sys­te­me betrof­fen sind und wie kom­plex die Anwen­dun­gen sind. Es ist zudem ent­schei­dend, dass KI-Schu­lun­gen nicht iso­liert statt­fin­den, son­dern in die gesam­te Per­so­nal­ent­wick­lungs­stra­te­gie des Unter­neh­mens inte­griert wer­den. Bei der Ein­füh­rung von KI-Sys­te­men kann der Betriebs­rat auch auf Sach­ver­stän­di­ge zurück­grei­fen, um die Aus­wir­kun­gen auf die Beschäf­tig­ten zu beur­tei­len und mit­zu­ge­stal­ten (§ 80 Abs. 3 BetrVG).

Arbeit 4.0 und die Notwendigkeit kontinuierlicher Weiterbildung

Arbeit 4.0 beschreibt eine digi­ta­li­sier­te und ver­netz­te Arbeits­welt, die nicht nur tech­no­lo­gi­sche Her­aus­for­de­run­gen, son­dern auch die Bedürf­nis­se der Arbeit­neh­mer in den Fokus rückt. Der Betriebs­rat spielt eine zen­tra­le Rol­le dabei, die Beleg­schaft fit für die Arbeit von mor­gen zu machen. Dies betrifft ins­be­son­de­re die Qua­li­fi­zie­rung von Beschäf­tig­ten, um den Anfor­de­run­gen neu­er Berufs­bil­der und ver­än­der­ter Arbeits­ab­läu­fe gerecht zu wer­den.

Betriebs­rä­te tra­gen maß­geb­lich dazu bei, dass über­haupt Wei­ter­bil­dung statt­fin­det. Beson­ders pro­fi­tie­ren Beschäf­tig­te mit ein­fa­chen Tätig­kei­ten und in Betrie­ben mit tech­no­lo­gi­schem Nach­hol­be­darf von der Mit­be­stim­mung bei der Wei­ter­bil­dung. Die akti­ve Gestal­tung von Ver­än­de­run­gen und das Ein­tre­ten für das Wohl aller Beschäf­tig­ten sind dabei zen­tra­le Auf­ga­ben.

Zukünftige Lernformen: Blended Learning und Digitale Lernökosysteme

Die Digi­ta­li­sie­rung beein­flusst auch die Art und Wei­se, wie gelernt wird. E‑Learning als Ober­be­griff für digi­ta­les Ler­nen (Online-Kur­se, vir­tu­el­le Klas­sen­räu­me, inter­ak­ti­ve Lern­platt­for­men) ermög­licht fle­xi­bles und orts­un­ab­hän­gi­ges Ler­nen. Ein wesent­li­cher Trend ist Blen­ded Lear­ning, wel­ches die Vor­tei­le von E‑Learning mit Prä­senz­ver­an­stal­tun­gen kom­bi­niert.

Blen­ded-Lear­ning-For­ma­te bie­ten eine inno­va­ti­ve Mischung aus:

  • Fle­xi­blen Selbst­lern­pha­sen mit Mate­ria­li­en auf Online-Lern­platt­for­men wie dem Online­BiZ, oft ergänzt durch Lern­grup­pen oder Lern-Tan­dems.
  • Inter­ak­ti­ven Online-Work­shops mit Live-Ses­si­ons, die Theo­rie und Pra­xis ver­bin­den und Raum für Fra­gen und Aus­tausch bie­ten.
  • Inten­si­ven Prä­senz­work­shops, die der Ver­tie­fung von Kennt­nis­sen, dem sozia­len Mit­ein­an­der und dem Erfah­rungs­aus­tausch die­nen.

Der Betriebs­rat hat auch bei der Ein­füh­rung von E‑Learning und digi­ta­len Lern­for­men umfas­sen­de Mit­be­stim­mungs­rech­te, ins­be­son­de­re nach §§ 96 bis 98 BetrVG und, wenn Sys­te­me zur Leis­tungs- oder Ver­hal­tens­kon­trol­le genutzt wer­den, nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Ein kri­ti­scher Punkt ist der Daten­schutz, da bei digi­ta­ler Per­so­nal­ent­wick­lung oft Mit­ar­bei­ter­da­ten erho­ben und abge­spei­chert wer­den. Betriebs­rä­te soll­ten daher dar­auf ach­ten, dass eine Betriebs­ver­ein­ba­rung zum E‑Learning abge­schlos­sen wird, die den Schutz der Mit­ar­bei­ter vor tech­ni­scher Über­wa­chung sicher­stellt und den Umgang mit Daten klärt.

Digi­ta­le Lern­öko­sys­te­me umfas­sen dabei mehr als nur ein­zel­ne Kur­se. Sie inte­grie­ren Lern­platt­for­men, inter­ne und exter­ne Wis­sens­da­ten­ban­ken sowie digi­ta­le Bil­dungs­tools, um ein ganz­heit­li­ches und fle­xi­bles Lern­um­feld zu schaf­fen. Die Ein­be­zie­hung des Betriebs­rats in die Ent­wick­lung der Lern­kul­tur und die Gestal­tung sol­cher Sys­te­me ist essen­zi­ell für eine zukunfts­fä­hi­ge betrieb­li­che Bil­dung.

Strategische Personalentwicklung mit Betriebsrat

Stra­te­gi­sche Per­so­nal­pla­nung ist die lang­fris­ti­ge und vor­aus­schau­en­de Steue­rung der Per­so­nal­res­sour­cen eines Unter­neh­mens, die über den blo­ßen Per­so­nal­be­darf hin­aus­geht und Maß­nah­men zur Per­so­nal­ent­wick­lung, ‑bin­dung und ‑gewin­nung umfasst. Der Betriebs­rat spielt hier eine ent­schei­den­de Rol­le, nicht nur auf­grund sei­ner gesetz­li­chen Ver­an­ke­rung, son­dern auch durch sei­ne Nähe zur Beleg­schaft und sein betrieb­li­ches Know-how.

Die Mit­be­stim­mungs­rech­te des Betriebs­rats in der Per­so­nal­ent­wick­lung sind viel­fäl­tig. Sie umfas­sen Unterrichtungs‑, Bera­tungs- und Anhö­rungs­rech­te sowie Zustim­mungs­vor­be­hal­te bei Maß­nah­men der Per­so­nal­ent­wick­lung (z.B. nach §§ 92, 94, 95, 96–98 BetrVG). Betriebs­rä­te kön­nen dem Arbeit­ge­ber Vor­schlä­ge zur Siche­rung und För­de­rung der Beschäf­ti­gung machen, die bei­spiels­wei­se fle­xi­ble Arbeits­zei­ten, neue For­men der Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on oder die Qua­li­fi­zie­rung der Arbeit­neh­mer zum Gegen­stand haben (§ 92a BetrVG).

Um eine erfolg­rei­che Per­so­nal­ent­wick­lung zu gewähr­leis­ten, soll­te der Betriebs­rat pro­ak­tiv eine eige­ne Stra­te­gie und ein Kon­zept ent­wi­ckeln, das auf die Unter­neh­mens­stra­te­gie abge­stimmt ist. Dabei geht es nicht nur um ein­zel­ne Trai­nings, son­dern um ein inte­grier­tes Vor­ge­hen, das Anfor­de­rungs­pro­fi­le, Ana­ly­sen, För­der­pro­gram­me, Coa­ching und Men­to­ring ein­schließt. Die enge und ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit zwi­schen Arbeit­ge­ber und Betriebs­rat, idea­ler­wei­se in Arbeits­grup­pen, ist der Schlüs­sel zur Ent­wick­lung und Umset­zung gemein­sam getra­ge­ner Per­so­nal­maß­nah­men.

Fazit

Die Digi­ta­li­sie­rung und der ver­stärk­te Ein­satz von KI ver­än­dern die Arbeits­welt grund­le­gend und stel­len Betriebs­rä­te vor kom­ple­xe, aber auch gestalt­ba­re Auf­ga­ben. Durch die kon­se­quen­te Nut­zung ihrer Mit­be­stim­mungs­rech­te kön­nen Betriebs­rä­te die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on aktiv im Sin­ne der Beschäf­tig­ten beglei­ten und prä­gen. Die För­de­rung von KI-Kom­pe­ten­zen und die stra­te­gi­sche Aus­rich­tung der Per­so­nal­ent­wick­lung sind dabei uner­läss­lich, um Mit­ar­bei­ter auf die Anfor­de­run­gen der Zukunft vor­zu­be­rei­ten. Moder­ne Lern­for­men wie Blen­ded Lear­ning und die Schaf­fung digi­ta­ler Lern­öko­sys­te­me bie­ten fle­xi­ble und effek­ti­ve Wege der Qua­li­fi­zie­rung. Eine früh­zei­ti­ge Ein­bin­dung des Betriebs­rats, die Klä­rung von Daten­schutz­fra­gen und der Abschluss von Betriebs­ver­ein­ba­run­gen sind dabei ent­schei­den­de Fak­to­ren für den Erfolg. Nur durch eine pro­ak­ti­ve, kom­pe­ten­te und stra­te­gisch den­ken­de Betriebs­rats­ar­beit kann die Arbeits­welt 4.0 sozi­al­ver­träg­lich und zukunfts­fä­hig gestal­tet wer­den.

Weiterführende Quellen

https://zukunftszentrum-sachsen.de/wissenspool/digitalisierung-mitbestimmung-des-betriebsrats/

https://ibpservice.de/mitarbeiter-apps-und-betriebsrat-erfolgreiche-digitale-transformation-durch-mitbestimmung/

https://www.arbeitswelt-portal.de/tarifpartnerschaft-betriebliche-mitbestimmung/artikel/mitbestimmung-und-digitalisierung

https://ibp-akademie.de/ki-und-betriebsrat-rechte-mitbestimmung-und-aktuelle-urteile/

https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-mehr-weiterbildung-mit-betriebsrat-48102.htm