BAG: Gerin­ge­re Ver­gü­tung für Leih­ar­beit­neh­men­de ist zuläs­sig

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Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (mit Sitz in Erfurt) hat am 31. Mai 2023 ein maß­ge­ben­des Urteil (Akten­zei­chen: 5 AZR 143/19) gefällt, das sich auf Leih­ar­beit und Arbeits­ent­gelt bezieht. Nach­fol­gend fas­sen wir die wesent­li­chen Aspek­te der Ent­schei­dung für Sie zusam­men:

Der Grund­satz des Equal Pay besagt, dass Leih­ar­beit­neh­mer wäh­rend einer Über­las­sung das glei­che Arbeits­ent­gelt wie ver­gleich­ba­re Stamm­mit­ar­bei­ter des Ent­lei­hers erhal­ten soll­ten. Die­ser Grund­satz kann jedoch durch einen Tarif­ver­trag nach unten abwei­chen. In die­sem Fall muss der Ver­lei­her dem Leih­ar­beit­neh­mer nur die nied­ri­ge­re tarif­li­che Ver­gü­tung zah­len.

Ein ent­spre­chen­des Tarif­werk wur­de vom Inter­es­sen­ver­band Deut­scher Zeit­ar­beits­un­ter­neh­men (iGZ) mit der Gewerk­schaft Ver­di geschlos­sen. Die­ses Tarif­werk erfüllt die uni­ons­recht­li­chen Anfor­de­run­gen des Arti­kels 5 Absatz 3 der Richt­li­nie 2008/104/EG (Leih­ar­beits­richt­li­nie).

Die Klä­ge­rin, eine Leih­ar­beit­neh­me­rin, ver­lang­te eine Dif­fe­renz­ver­gü­tung, da sie behaup­te­te, dass ver­gleich­ba­re Stamm­mit­ar­bei­ter einen höhe­ren Stun­den­lohn erhiel­ten. Sie argu­men­tier­te, dass das Tarif­werk von iGZ und Ver­di nicht mit der Leih­ar­beits­richt­li­nie und dem dort ver­lang­ten Gesamt­schutz der Leih­ar­beit­neh­mer ver­ein­bar sei.

Die Kla­ge wur­de jedoch abge­wie­sen. Das Gericht stell­te fest, dass das Tarif­werk von iGZ und Ver­di den Anfor­de­run­gen der Leih­ar­beits­richt­li­nie genügt, ins­be­son­de­re in Ver­bin­dung mit den gesetz­li­chen Schutz­vor­schrif­ten für Leih­ar­beit­neh­mer.

Ein mög­li­cher Aus­gleichs­vor­teil für Leih­ar­beit­neh­mer kann die Fort­zah­lung des Ent­gelts auch in ver­leih­frei­en Zei­ten sein. Dies ist sowohl bei unbe­fris­te­ten als auch befris­te­ten Leih­ar­beits­ver­hält­nis­sen mög­lich. Das Tarif­werk von iGZ und Ver­di gewähr­leis­tet die Fort­zah­lung der Ver­gü­tung in ver­leih­frei­en Zei­ten.

Zudem hat der deut­sche Gesetz­ge­ber mit § 11 Absatz 4 Satz 2 des Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­ge­set­zes (AÜG) für den Bereich der Leih­ar­beit zwin­gend sicher­ge­stellt, dass Ver­lei­her das Wirt­schafts- und Betriebs­ri­si­ko für ver­leih­freie Zei­ten unein­ge­schränkt tra­gen. Der Anspruch auf Annah­me­ver­zugs­ver­gü­tung nach § 615 Satz 1 des Bür­ger­li­chen Gesetz­bu­ches (BGB), der an sich abding­bar ist, kann im Leih­ar­beits­ver­hält­nis nicht abbe­dun­gen wer­den.

Dar­über hin­aus hat der Gesetz­ge­ber dafür gesorgt, dass die tarif­li­che Ver­gü­tung von Leih­ar­beit­neh­mern staat­lich fest­ge­setz­te Lohn­un­ter­gren­zen und den gesetz­li­chen Min­dest­lohn nicht unter­schrei­ten darf. Seit dem 1. April 2017 ist die Abwei­chung vom Grund­satz des glei­chen Arbeits­ent­gelts nach § 8 Absatz 4 Satz 1 AÜG zeit­lich grund­sätz­lich auf die ers­ten neun Mona­te des Leih­ar­beits­ver­hält­nis­ses begrenzt.

Das Urteil des Bun­des­ar­beits­ge­richts bestä­tigt somit, dass das Tarif­werk von iGZ und Ver­di den uni­ons­recht­li­chen Anfor­de­run­gen genügt und dass eine Abwei­chung vom Grund­satz des Equal Pay durch einen Tarif­ver­trag mög­lich ist. Es betont auch die Bedeu­tung des Gesamt­schut­zes für Leih­ar­beit­neh­mer, ein­schließ­lich der Fort­zah­lung des Ent­gelts in ver­leih­frei­en Zei­ten und der Ein­hal­tung von Lohn­un­ter­gren­zen und dem gesetz­li­chen Min­dest­lohn.

Das Urteil wur­de am 31. Mai 2023 gefällt und trägt das Akten­zei­chen 5 AZR 143/19. Die Vor­in­stanz war das Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg (Urteil vom 7. März 2019, 5 Sa 230/18).

Die­ses Urteil könn­te weit­rei­chen­de Aus­wir­kun­gen auf die Pra­xis der Leih­ar­beit in Deutsch­land haben und die Rech­te von Leih­ar­beit­neh­mern stär­ken. Es unter­streicht die Bedeu­tung von Tarif­ver­trä­gen und die Rol­le, die sie bei der Gewähr­leis­tung fai­rer Arbeits­be­din­gun­gen spie­len kön­nen. Es betont auch die Bedeu­tung des Gesamt­schut­zes für Leih­ar­beit­neh­mer, ein­schließ­lich der Fort­zah­lung des Ent­gelts in ver­leih­frei­en Zei­ten und der Ein­hal­tung von Lohn­un­ter­gren­zen und dem gesetz­li­chen Min­dest­lohn.


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