Krankgeschrieben und im TV: Rechtliche Fallstricke bei öffentlichen Auftritten von Lehrern

Krankgeschrieben und im TV: Rechtliche Fallstricke bei öffentlichen Auftritten von Lehrern

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Der Fall eines krank­ge­schrie­be­nen Leh­rers, der mehr­fach in Fern­seh-Koch­shows auf­trat, hat in Deutsch­land eine brei­te Dis­kus­si­on über die Rech­te und Pflich­ten von Beam­ten im Krank­heits­fall aus­ge­löst. Dies rückt die recht­li­chen Grau­zo­nen in den Fokus, die sich erge­ben, wenn pri­va­te Akti­vi­tä­ten wäh­rend einer attes­tier­ten Arbeits­un­fä­hig­keit öffent­lich wahr­ge­nom­men wer­den. Ins­be­son­de­re im öffent­li­chen Dienst gel­ten stren­ge Regeln, die das Anse­hen und die Inte­gri­tät des Berufs­stan­des schüt­zen sol­len.

Der Fall des Koch-Lehrers: Ein Präzedenzfall in NRW

Ein aktu­el­ler Fall aus Nord­rhein-West­fa­len sorgt für Schlag­zei­len: Ein Leh­rer, der über einen Zeit­raum von rund einem Jahr krank­ge­schrie­ben war, soll wäh­rend die­ser Zeit in meh­re­ren Fern­seh-Koch­shows auf­ge­tre­ten sein. Die Bezirks­re­gie­rung Köln bestä­tig­te die Ein­lei­tung eines Dis­zi­pli­nar­ver­fah­rens gegen den Päd­ago­gen. Die­ser Vor­fall wird als beson­ders pro­ble­ma­tisch ange­se­hen, da er den Ein­druck erweckt, dass die Arbeits­kraft, die dem Dienst­herrn auf­grund der Krank­schrei­bung nicht zur Ver­fü­gung steht, für ande­re, öffent­li­che Tätig­kei­ten genutzt wird. Die genau­en Umstän­de – ob die Sen­dun­gen wäh­rend der Krank­schrei­bung auf­ge­zeich­net oder ledig­lich aus­ge­strahlt wur­den – wer­den der­zeit geprüft. Unab­hän­gig davon kön­nen sol­che Auf­trit­te erheb­li­che arbeits- und dis­zi­pli­nar­recht­li­che Kon­se­quen­zen nach sich zie­hen.

Die Pflichten eines krankgeschriebenen Beamten

Grund­sätz­lich hat jeder Beam­te die Dienst­pflicht, sich mit vol­lem per­sön­li­chen Ein­satz sei­nem Beruf zu wid­men. Ist ein Beam­ter krank­heits­be­dingt dienst­un­fä­hig, tritt an die Stel­le die­ser pri­mä­ren Dienst­leis­tungs­pflicht die soge­nann­te Pflicht zur Wie­der­her­stel­lung der Dienst­fä­hig­keit. Dies bedeu­tet, dass der Beam­te alles Zumut­ba­re tun muss, um sei­ne Gesund­heit so schnell wie mög­lich wie­der­her­zu­stel­len, und alles zu unter­las­sen hat, was die Gene­sung ver­zö­gern oder gefähr­den könn­te. Die­ses Ziel hat Vor­rang vor allen ande­ren Inter­es­sen, ein­schließ­lich pri­va­ter Neben­tä­tig­kei­ten.

Zudem unter­lie­gen Beam­te einer beson­de­ren Loya­li­täts­pflicht gegen­über ihrem Dienst­herrn und der Öffent­lich­keit. Akti­vi­tä­ten, die geeig­net sind, das Anse­hen des Beam­ten­stan­des oder des öffent­li­chen Diens­tes zu schä­di­gen, sind zu unter­las­sen. Der Ein­druck, dass ein krank­ge­schrie­be­ner Beam­ter sei­ne Arbeits­kraft für pri­va­te Erwerbs­tä­tig­kei­ten nutzt, wäh­rend er Dienst­be­zü­ge erhält, kann das Ver­trau­en der Öffent­lich­keit erheb­lich beein­träch­ti­gen.

Was ist erlaubt? Genesungsfördernde Aktivitäten vs. problematische Nebentätigkeiten

Die Fra­ge, wel­che Akti­vi­tä­ten wäh­rend einer Krank­schrei­bung erlaubt sind, ist nicht immer ein­deu­tig zu beant­wor­ten und hängt stark von der Art und Schwe­re der Erkran­kung ab.

Genesungsfördernde Aktivitäten

Nicht jede Krank­schrei­bung bedeu­tet Bett­lä­ge­rig­keit. Akti­vi­tä­ten, die der Gene­sung die­nen oder sie sogar för­dern, sind grund­sätz­lich erlaubt. Bei psy­chi­schen Erkran­kun­gen, wie Burn-out oder Depres­sio­nen, kön­nen bei­spiels­wei­se Spa­zier­gän­ge, leich­te sport­li­che Betä­ti­gung oder der Besuch kul­tu­rel­ler Ver­an­stal­tun­gen the­ra­peu­tisch sinn­voll sein und zur Wie­der­erlan­gung des inne­ren Gleich­ge­wichts bei­tra­gen. Auch ein Auf­ent­halt an der See oder in den Ber­gen kann för­der­lich sein, wenn er der Ver­bes­se­rung des Gesund­heits­zu­stan­des dient und vom Arzt attes­tiert wird. Wich­tig ist hier­bei immer die indi­vi­du­el­le ärzt­li­che Ein­schät­zung.

Problematische Nebentätigkeiten und öffentliches Auftreten

Anders ver­hält es sich mit Neben­tä­tig­kei­ten, ins­be­son­de­re wenn sie in der Öffent­lich­keit aus­ge­übt wer­den und den Ein­druck erwe­cken, der Beam­te sei nicht wirk­lich arbeits­un­fä­hig. Eine geneh­mig­te Neben­tä­tig­keit, die im Krank­heits­fall fort­ge­setzt wird, kann eine erheb­li­che Dienst­pflicht­ver­let­zung dar­stel­len. Noch kri­ti­scher wird es bei öffent­li­chen Auf­trit­ten, wie dem in einer Fern­seh-Koch­show. Sol­che Auf­trit­te kön­nen das Anse­hen der öffent­li­chen Ver­wal­tung mas­siv schä­di­gen und das Ver­trau­en in die Inte­gri­tät des Diens­tes unter­gra­ben. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt NRW stell­te in einem ähn­li­chen Fall fest, dass der Ein­druck, ein Beam­ter nut­ze trotz lan­ger Krank­schrei­bung sei­ne Arbeits­kraft für Neben­tä­tig­kei­ten, das Anse­hen des öffent­li­chen Diens­tes tat­säch­lich beein­träch­tigt.

Rechtliche Konsequenzen: Disziplinarverfahren und darüber hinaus

Bei Ver­stö­ßen gegen die Pflich­ten wäh­rend einer Krank­schrei­bung dro­hen ins­be­son­de­re Beam­ten dis­zi­pli­nar­recht­li­che Kon­se­quen­zen. Die­se rei­chen von Rügen bis hin zur Ent­fer­nung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis bei schwer­wie­gen­den Ver­ge­hen. Das Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren prüft, ob der Leh­rer sei­ne Dienst­pflich­ten ver­letzt hat. Ent­schei­dend sind dabei die Dau­er, Häu­fig­keit und der Umfang der aus­ge­üb­ten Neben­tä­tig­kei­ten sowie das bis­he­ri­ge Ver­hal­ten.

Ein bekann­tes Bei­spiel ist der Fall einer Leh­re­rin, die trotz Krank­schrei­bung am „Dschun­gel­camp“ teil­nahm und dar­auf­hin aus dem Dienst ent­fernt wur­de. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Lüne­burg bestä­tig­te, dass ein sol­ches Ver­hal­ten den Dienst­frie­den stört und dem öffent­li­chen Anse­hen erheb­lich scha­det.

Grauzonen und die Rolle der Kontrolle

Die aktu­el­len Fäl­le wer­fen auch ein Licht auf recht­li­che Grau­zo­nen und die Kon­troll­me­cha­nis­men bei Lang­zeit­er­kran­kun­gen. Wäh­rend Beam­te ver­pflich­tet sind, ihre Erkran­kung und die vor­aus­sicht­li­che Dau­er unver­züg­lich anzu­zei­gen und bei län­ge­rer Krank­heit Attes­te vor­zu­le­gen, gibt es Kri­tik an der Umset­zung der Kon­trol­len. So wur­de im Fall einer Leh­re­rin, die 16 Jah­re krank­ge­schrie­ben war, bemän­gelt, dass sie nie zum Amts­arzt geschickt wur­de. Die FDP kri­ti­siert die man­gel­haf­te Über­prü­fung von Lang­zeit­er­kran­kun­gen und for­dert ein wirk­sa­mes Sys­tem zur sys­te­ma­ti­schen Kon­trol­le der Dienst­fä­hig­keit. Es ist zu beach­ten, dass eine Krank­schrei­bung nicht zwin­gend eine amts­ärzt­li­che Unter­su­chung nach sich zieht, die­se aber ange­ord­net wer­den kann, um die Dienst­fä­hig­keit zu über­prü­fen.

Fazit

Der Fall des krank­ge­schrie­be­nen Leh­rers im Fern­se­hen ver­deut­licht die sen­si­ble Balan­ce zwi­schen den indi­vi­du­el­len Rech­ten eines Arbeit­neh­mers oder Beam­ten im Krank­heits­fall und den beson­de­ren Pflich­ten, die mit der Stel­lung im öffent­li­chen Dienst ein­her­ge­hen. Wäh­rend gene­sungs­för­dern­de Akti­vi­tä­ten oft unpro­ble­ma­tisch sind und sogar emp­foh­len wer­den, sind öffent­li­che Auf­trit­te oder ent­gelt­li­che Neben­tä­tig­kei­ten wäh­rend einer Krank­schrei­bung ein Hoch­ri­si­ko­be­reich. Sie kön­nen nicht nur die Gene­sung in Fra­ge stel­len, son­dern auch das Ver­trau­en in den Berufs­stand und die Inte­gri­tät des öffent­li­chen Diens­tes nach­hal­tig beschä­di­gen. Beam­te und Arbeit­neh­mer im öffent­li­chen Dienst soll­ten daher bei jeg­li­cher Akti­vi­tät wäh­rend einer Krank­schrei­bung stets die Wie­der­her­stel­lung ihrer Dienst­fä­hig­keit und das Anse­hen ihres Dienst­herrn als obers­te Prio­ri­tät betrach­ten und im Zwei­fels­fall immer Rück­spra­che mit ihrem Arzt und dem Dienst­herrn hal­ten, um recht­li­che Kon­se­quen­zen zu ver­mei­den.

Weiterführende Quellen

https://apollo-news.net/disziplinarverfahren-eingeleitet-krankgeschriebener-lehrer-trat-mehrmals-in-fernseh-kochshows-auf/

https://www.t‑online.de/region/koeln/id_100972254/koeln-lehrer-nimmt-trotz-krankschreibung-an-tv-shows-teil.html

https://www.ksta.de/dpa-nrw/krankgeschriebener-lehrer-soll-bei-kochshows-angetreten-sein-1136459

https://www.anwalt.de/rechtstipps/beamtenrecht-welche-freizeitaktivitaeten-sind-waehrend-einer-krankschreibung-erlaubt_109305.html

https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/personal-tarifrecht/beamte-kranker-beamter-darf-nicht-musizieren_144_222650.html