In der Arbeitswelt spielt die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall eine wesentliche Rolle. Besonders wichtig ist hierbei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die als Beweis für die Krankheit dient. Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat hierzu bedeutende Entscheidungen getroffen, die die rechtlichen Grundlagen und den Beweiswert solcher Bescheinigungen maßgeblich beeinflussen. Diese Entwicklungen sind für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen relevant, da sie die Modalitäten der Lohnfortzahlung und die Anforderungen an den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit regeln.
Hintergrund der Rechtsprechung
Die rechtlichen Grundlagen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sind im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihren Arbeitnehmern im Krankheitsfall bis zu sechs Wochen lang den Lohn weiterzuzahlen. Ein wesentliches Element dieses Prozesses ist die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die vom Arzt ausgestellt wird und den Nachweis der Krankheit liefert. Historisch gesehen hat es immer wieder Streitigkeiten darüber gegeben, in welchem Umfang diese Bescheinigungen Beweiswert haben.
Die Rechtsprechung des BAG hat in den letzten Jahren wiederholt klargestellt, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich als Beweis für die Arbeitsunfähigkeit gilt. Allerdings können Arbeitgeber Zweifel an der Richtigkeit dieser Bescheinigung anmelden, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die deren Echtheit in Frage stellen. Frühere Urteile haben die Anforderungen an solche Zweifel präzisiert und den Beweiswert der Bescheinigungen gestärkt.
Analyse des Urteils vom 21.08.2024
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 21.08.2024 in der Rechtssache 5 AZR 248/23 hat erneut den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung thematisiert. Der Fall drehte sich um einen Arbeitnehmer, dessen Arzt eine AUB ausgestellt hatte, die der Arbeitgeber aufgrund von Ungereimtheiten anzweifelte. Das BAG entschied, dass die Vorlage einer AUB grundsätzlich den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit erbringt, es sei denn, der Arbeitgeber kann konkrete Indizien vorlegen, die ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit wecken.
Die Begründung des Gerichts unterstrich, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein wichtiges Instrument zum Schutz der Arbeitnehmerrechte darstellt. Gleichzeitig betonte das BAG, dass Arbeitgebern ein gewisser Spielraum eingeräumt wird, um unberechtigten Missbrauch zu verhindern. Das Urteil verdeutlicht, dass Arbeitgeber berechtigt sind, im Einzelfall Nachprüfungen anzustellen, sofern berechtigte Zweifel bestehen. Dies trägt zu einer ausgewogenen Berücksichtigung der Interessen beider Parteien bei. Die vollständige Entscheidung und deren Begründung finden Sie unter „Rechtsprechung BAG, 21.08.2024 — 5 AZR 248/23“.
Auswirkungen auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 21.08.2024 hat weitreichende Auswirkungen auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine der wesentlichsten Folgen betrifft den Umgang mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Arbeitgeber müssen sich nun intensiver mit der rechtlichen Bedeutung solcher Bescheinigungen auseinandersetzen, da deren Beweiswert stark gestärkt wurde.
Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht ohne Weiteres anzweifeln können. Sollte der Verdacht bestehen, dass die Bescheinigung zu Unrecht ausgestellt wurde, trägt der Arbeitgeber die Beweislast, was in der Praxis oft schwer zu erbringen ist. Arbeitgeber sollten daher ihre Prozesse zur Überprüfung von Krankmeldungen sorgfältig dokumentieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen, um auf der sicheren Seite zu sein.
Für Arbeitnehmer stärkt das Urteil die Rechte im Krankheitsfall erheblich. Sie können sich darauf verlassen, dass ihre Krankheitsbescheinigungen stärker anerkannt werden. Dies reduziert das Risiko, dass ihnen die Lohnfortzahlung verweigert wird, und gibt ihnen mehr Sicherheit in Bezug auf ihre arbeitsrechtlichen Ansprüche während einer Krankheit.
In der Praxis ist es daher ratsam, dass Arbeitgeber klare Guidelines entwickeln, um mit Krankheitsbescheinigungen umzugehen und diese transparent mit den Arbeitnehmern kommunizieren. Gleichzeitig sollten Arbeitnehmer darauf achten, dass ihre Bescheinigungen korrekt und vollständig sind, um unnötige Konflikte zu vermeiden.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Urteil des BAG vom 21.08.2024 sowohl rechtliche Klarheit als auch Herausforderungen mit sich bringt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich intensiver mit der Beweiskraft von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auseinandersetzen.
Für Arbeitgeber wird empfohlen, interne Schulungen durchzuführen und rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Zudem sollten sie ein strukturiertes System zur Überprüfung und Dokumentation von Krankheitsmeldungen etablieren.
Arbeitnehmer sollten darauf achten, dass ihre Krankheitsbescheinigungen korrekt und zeitnah eingereicht werden. Im Falle von Konflikten ist es ratsam, rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, um ihre Ansprüche auf Lohnfortzahlung durchzusetzen.
Insgesamt trägt das Urteil dazu bei, mehr Rechtssicherheit im Umgang mit Krankheitsbescheinigungen zu schaffen, stellt aber auch erhöhte Anforderungen an alle Beteiligten, diese Regelungen korrekt umzusetzen und zu dokumentieren. Weitere Informationen zu den rechtlichen Grundlagen und aktuellen Entscheidungen finden sich auf dejure.org.